Die globale Durchschnittstemperatur war im vergangenen Jahr so hoch wie nie seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Mit einer durchschnittlichen Oberflächentemperatur von 15,1 Grad Celsius war es laut am Freitag vom EU-Klimadienst Copernicus veröffentlichten Daten 0,12 Grad wärmer als im bisherigen Rekordjahr 2023. Bezogen auf ein Kalenderjahr wurde damit auch erstmals die international vereinbarte 1,5-Grad-Grenze überschritten. So sei es im Schnitt um 1,6 Grad wärmer gewesen als zur vorindustriellen Zeit (Referenzzeitraum: 1850 bis 1900).
Die Hauptursache für die Erderwärmung ist der menschengemachte Klimawandel. Dieser wird maßgeblich durch den Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 verursacht. Doch auch regionale Klimaphänomene wie El Niño, das die Temperaturen weltweit beeinflusst, haben Copernicus zufolge vergangenes Jahr eine Rolle gespielt.
Europa war laut den Daten ebenfalls mit Rekordtemperaturen konfrontiert. So habe die aufs Jahr berechnete Durchschnittstemperatur hier bei 10,69 Grad Celsius gelegen – und damit 0,28 Grad über dem bisherigen Höchststand von 2020. Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020 entspricht dies sogar einem Anstieg von 1,47 Grad.
Der Copernicus-Direktor Carlo Buontempo äußerte sich angesichts der Daten besorgt. Sie zeigten einmal mehr unmissverständlich, „dass das Klima sich weiter erwärmt“, warnte er.
Die Weltgemeinschaft hat sich mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 das Ziel gesetzt, die Erderwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit auf möglichst 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Wird diese Grenze dauerhaft überschritten, drohen laut Weltklimarat mehr Extremwetterereignisse wie Starkniederschläge oder Dürren. Zwar ist dieses Ziel laut Copernicus mit dem Anstieg von 2024 noch nicht gerissen, weil es sich auf einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren beziehe. Jedoch zeigten die Daten, „dass die globalen Temperaturen über das hinaus ansteigen, was die moderne Menschheit bisher erlebt hat“.
Fachleute äußerten sich mit Blick auf die Erreichbarkeit des 1,5-Grad-Ziels ernüchtert, mahnten zugleich aber mehr Ambitionen beim Klimaschutz an. „Physikalisch ist das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, unerreichbarer denn je. Politisch ist das 1,5-Grad-Ziel ernstzunehmender denn je“, sagte die Klimawissenschaftlerin Johanna Baehr dem „Science Media Center“ (SMC). Ziel müsse sein, so wenig wie möglich über 1,5 Grad hinauszugehen, unterstrich die Leiterin Klimamodellierung am Institut für Meereskunde der Universität Hamburg. Die Treibhausgasemissionen müssten „unmittelbar und dramatisch gesenkt werden“.
Der Direktor der Forschungsabteilung Ozean im Erdsystem am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie, Jochem Marotzke, sagte dem SMC: „Wer noch immer propagiert, die Welt könne unter 1,5 Grad Erwärmung bleiben, gibt sich Illusionen hin.“ Man müsse der Wirklichkeit ins Auge blicken und sich auf die Erwärmung einstellen.
Der Temperaturrekord für 2024 hatte sich schon länger abgezeichnet. Laut Copernicus wurden in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres durchgängig monatliche Höchststände gemessen. Auch der weltweit bisher wärmste Tag wurde 2024 von Copernicus registriert: Am 22. Juli lag die Durchschnittstemperatur demnach bei 17,16 Grad Celsius. Der EU-Dienst veröffentlicht regelmäßig Berichte und Daten zum Stand des Klimawandels.