Artikel teilen:

Kirchen gedenken Kriegsende – Verband fordert Einsatz für Demokratie

80 Jahre Frieden sind keine Selbstverständlichkeit: Kirchen und Verbände betonen am Tag des Kriegsendes die Pflicht zum Einsatz für Demokratie. Warum gerade jetzt Erinnern und Handeln wichtig ist.

Demokratie lebt vom Mitmachen, mahnt der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. In einer Zeit wachsender Polarisierung und zunehmender Angriffe auf die Demokratie sei es umso wichtiger, für Frieden, Gerechtigkeit und ein solidarisches Miteinander einzustehen, erklärte der Verband am Donnerstag in Köln.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 bedeute für den KDFB Erinnerung und Mahnung zugleich. “Das Grauen des Holocausts und die leidvollen Erfahrungen von Krieg, Flucht und Vertreibung dürfen in Deutschland nicht in Vergessenheit geraten. Die Erinnerung daran verpflichtet uns, aktiv für den Erhalt unserer Demokratie einzustehen”, erklärte KDFB-Präsidentin Anja Karliczek. “Wir gestalten Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Frieden aktiv mit.”

Der KDFB erinnerte daran, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit, sondern Ergebnis gemeinsamer Anstrengung sei: “Gerade an einem Tag wie heute erkennen wir: Die Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten, müssen immer wieder neu verteidigt und gestärkt werden”, so Karliczek. Dabei sei die Rolle von Frauen zentral. Sie seien nicht nur in besonderem Maße Leidtragende von Krieg und Gewalt, sondern auch aktive Gestalterinnen von Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung. Eine nachhaltige Friedenspolitik müsse ihre Stimmen und Erfahrungen einbeziehen.

Auch Bischof Georg Bätzing würdigte die große Relevanz von Friedensbemühungen. Im ökumenischen Gottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin verwies der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag auf die biblische Bergpredigt: “Selig sind die Sanftmütigen, die Friedensstifter. Mit dieser Botschaft ist sehr wohl Staat zu machen und Gesellschaft zu gestalten. Dem verdanken wir all das Gute bisher, dem gilt es, Raum zu schaffen.”

Weiter sagte er: “80 Jahre Frieden hierzulande – das ist wahrhaft Anlass zum Dank.” Der Dank gelte den Befreiern und jenen, die in den aktiven Widerstand gingen und oft ihr Leben lassen mussten. Zugleich dürfe man nie die Millionen Kriegstoten vergessen und das unfassbare Leid der Jüdinnen und Juden damals, sagte Bätzing.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, betonte, die Trauer angesichts der Opfer bleibe: “Die Toten klagen an. Die Überlebenden haben uns ihr Erinnern anvertraut – wir hören es mit erschüttertem Herzen.” Zugleich müsse man das Wunder sehen, das danach möglich wurde: “Ein gemeinsames, demokratisches Europa, ein Europa, das trotz vieler Differenzen zusammenhält.”

Auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sieht aktuell die freie, demokratische Gesellschaft als bedroht an. “Zudem zeigen uns die andauernden Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten, im Sudan sowie der eskalierende Konflikt in Kaschmir, wie gefährdet die europäische und die weltweite Friedensordnung sind”, erklärte sie laut Mitteilung vom Donnerstag. Für das ZdK sei es eine zentrale Aufgabe, einen Beitrag zur Wahrung von Frieden und Freiheit zu leisten.

ZdK-Sprecherin und Historikerin Birgit Aschmann zeigte sich überzeugt, dass der richtige Umgang mit der Vergangenheit eine Zukunftsaufgabe bleibe: “Entscheidend ist nicht nur die Wissensweitergabe an die nächste Generation, sondern auch die Verständigung auf eine gemeinsame Erinnerungskultur in Ost- und Westdeutschland. Sich vergangener Schuld zu stellen, fremdes Leid anzuerkennen, um Vergebung zu bitten und offen für Versöhnung zu sein – dies sind christliche Tugenden, von denen das ZdK überzeugt ist, dass sie auch in der Politik hilfreich sind.” Für den Umgang mit der NS-Vergangenheit seien sie unverzichtbar.

Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht endete am 8. Mai 1945 der Zweite Weltkrieg in Europa. Das mit Deutschland verbündete Japan kapitulierte am 15. August, nachdem die USA Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen hatten. Insgesamt kamen im Laufe des von Deutschland entfesselten Krieges mehr als 60 Millionen Menschen ums Leben. Die Verbrechen des NS-Regimes gipfelten in dem Versuch, jüdisches Leben komplett auszulöschen. Dem Holocaust fielen rund sechs Millionen Juden zum Opfer.