Altstadt/Bergedorf/Geesthacht. Helga Wendt stört der Glühweingeruch. Jedes Mal, wenn die Ehrenamtliche in diesen Tagen die St.-Petri-Kirche in der Hamburger Innenstadt betritt, muss sie an einem Glühweinstand unmittelbar neben den Stufen zur Kirchentür vorbei. „Manchmal geht man durch einen richtigen Alkoholnebel“, sagt Wendt, die seit mehr als zehn Jahren im St.-Petri-Shop arbeitet. Was im Advent rund um ihre Kirche herum passiert, gefällt ihr nicht. Da reihen sich Buden und Stände aneinander: Der Kirchenvorplatz wird zur Fressmeile.
Rolf-Dieter Seemann, Pastor an St. Petri, bleibt angesichts der Menschenmengen vor der Kirche gelassen. „Ich kann damit leben“, sagt er. Denn der Weihnachtsmarkt bringt die Menschen auch in die Kirche – am Wochenende bis zu 7000 Besucher. Der Pastor sieht die Marktbesucher als Chance und setzt auf christliche Akzente: Regelmäßiges Adventsliedersingen, tägliche Andachten des „Anderen Advents“ oder der Lichterbaum laden die Menschen zum Innehalten ein. So profitiert auch die Kirche von dem Trubel. „Ich bitte um Spenden – und da kommt einiges zusammen. Wir wären verlogen, wenn wir uns als Gegenspieler des Kommerz’ sehen würden“, sagt Seemann.
Mit Bratwurst in die Kirche? Bitte nicht!
Es gibt aber Grenzen: Weihnachtsmarktbesucher, die mit Schmalzkuchen oder Bratwurst in der Kirche Platz nehmen wollen, spricht die ehrenamtliche Küsterin Lydia Mandella an. „Manche Leute reagieren verärgert, wenn wir sie bitten, draußen zu essen“, sagt sie. Dass auch mal Menschen dabei sind, die schon etwas zu viel Zeit am Glühweinstand verbracht haben, bringt sie nicht aus der Ruhe.
Auch in Bergedorf steht die Kirche mitten auf dem Weihnachtsmarkt – beziehungsweise dahinter. Direkt neben St. Petri und Pauli ist ein Kinderkarussell aufgebaut – und eine Pommesbude. Genau die wird zum Problem: Immer wieder müssen ehrenamtliche Kirchenwächter, Küster und Pastoren darum bitten, die Pommes nicht in der Kirche zu essen. An dem vorweihnachtlichen Treiben vor seiner Kirche stört sich Pastor Andreas Baldenius trotzdem nicht: „Wir verstehen uns als Teil des Weihnachtsmarktes“, sagt er. Die alte Dorfkirche ist in der Adventszeit länger geöffnet als sonst. Auch hier finden regelmäßig Andachten des „Bergedorfer Advents“ statt. Wie die Hauptkirche St. Petri verdient die Gemeinde in Bergedorf am Weihnachtsmarkt. Sie vermietet Flächen an die Betreiber des Marktes vermietet.