Menschen mit Albinismus sind auf dem afrikanischen Kontinent vielen Gefahren ausgesetzt. Je nach Region werden sie ausgegrenzt und stigmatisiert. Die katholische Kirche engagiert sich für die Betroffenen.
Bernhard Udelhoven kann den Vorfall nicht vergessen. Der seit Jahrzehnten im afrikanischen Sambia lebende Priester stammt aus Bitburg in der Eifel, arbeitet jetzt in der Gemeinde Lumimba unweit der Grenze zu Malawi. Fassungslos schildert der 56-Jährige, wie ein Lehrer einem Mädchen den Arm abhackte. Die Schülerin überlebte; die Bevölkerung sei unglaublich schockiert gewesen und hätte den Täter am liebsten sofort gelyncht, sagt Udelhoven.
Dass es ausgerechnet diese Schülerin traf, hatte einen Grund: Sie hat Albinismus, eine seltene Erbkrankheit, bei der wenig oder gar kein Hautpigment – Melanin – gebildet wird. Auf dem afrikanischen Kontinent fallen Menschen mit dieser Krankheit besonders auf. Albinismus tritt im südlichen Afrika überdies 20 Mal häufiger auf als anderswo auf der Welt. Empfindliche Haut, Sonnenbrand und Hautkrebs zählen zu den Folgeerkrankungen.
Ebenso belastend – wenn nicht gar schlimmer – kann für sie das soziale Umfeld sein. Mitunter werden Betroffene als verhext angesehen, finden keine Jobs, keine Partner. Allerdings würden sie nicht überall diskriminiert, so Udelhoven. Ein differenzierter Blick sei wichtig. “Sie sind durchaus in der Bevölkerung integriert. Man versucht aber, sie besonders zu schützen.” So ließen Familien einen Angehörigen mit Albinismus aus Sicherheitsgründen nicht allein verreisen.
Denn, wie im Fall des grausam verstümmelten Mädchens: Ihre Körperteile sind begehrt. Ein verbreiteter Aberglaube besagt, dass sie Glück, Geld und Macht bringen. Darum ist der Handel mit solchen Körperteilen lukrativ. Genutzt werden sie für magische Rituale. Erst im August erklärten die Staaten der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC), Menschen mit Albinismus besser schützen zu wollen. Ein überfälliger Schritt, meint die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Auch die katholische Kirche versucht, Leidtragenden beizustehen und Übergriffe zu verhindern.
In Sambia etwa ist bis heute der Glaube an Magie und Hexerei weit verbreitet. Was das genau bedeutet, ist für Menschen aus anderen Kulturkreisen oft schwer zu verstehen. Personen werden beispielsweise grundlos beschuldigt, andere zu vergiften. Einen solchen Fall erlebt Priester Udelhoven zurzeit selbst in seiner eigenen Gemeinde: Ein Mitarbeiter werde der Hexerei beschuldigt. Die Folgen können gravierend sein. “Aus Angst schicken manche Eltern ihre Kinder nicht mehr in die Kirche.” Gründe für die Anschuldigungen seien oft Neid und die Suche nach einem Sündenbock.
Gegen solche Formen von Stigmatisierung geht die Kirche überall in Afrika vor. Besonders engagiert sind dabei die gut 84.000 katholischen Ordensfrauen auf dem Kontinent. Auf ihren Einsatz machen die international tätigen Hilfswerke missio Aachen und missio München anlässlich des Afrikatags 2025 aufmerksam – und sammeln zwischen dem 1. und 12. Januar Spenden in den Gottesdiensten.
Der Afrikatag wird traditionell in der Zeit um den 6. Januar (Dreikönigstag) begangen, da der Legende nach zumindest einer der Sterndeuter im Stall von Bethlehem aus Afrika gekommen sein soll. Die entsprechende Kollekte ist die älteste kirchliche Spendensammlung und Solidaritätskampagne der Welt. Eingeführt hat sie 1891 Papst Leo XIII. Ursprünglich sollten Spenden für den Kampf gegen die Sklaverei gesammelt werden. Heute steht die Aktion vor allem für Hilfe zur Selbsthilfe.