Kevin Farrell ist seit dem Tod von Papst Franziskus einer der wichtigsten Männer im Vatikan. Als Kardinalkämmerer (Camerlengo) war der 77-jährige irisch-US-amerikanische Kardinal für die Feststellung des Todes, den Ablauf der Trauerfeierlichkeiten sowie die Beisetzung im kleinen Kreis zuständig. Gemeinsam mit drei assistierenden Kardinälen kümmert sich der Camerlengo in der Zeit ohne Papst, der Sedisvakanz, zudem um die Güter und Rechte des Heiligen Stuhls; wenn nötig in Rücksprache mit dem Kardinalskollegium.
Farrell kennt die Kurie gut. Seit neun Jahre leitet er die Vatikanbehörde für Laien, Familie und Leben und ist unter anderem auch Mitglied im Päpstlichen Rat für Gesetzestexte oder in der Behörde für den Gottesdienst. Er gilt als moderat, stand Franziskus theologisch sowie persönlich nahe. Zudem verwaltet er die Pensionsfonds und kümmert sich als Leiter des Vatikan-Komitees für Investitionen, ein Finanzkontrollgremium, mit um die klammen Finanzen des Heiligen Stuhls.
In Dublin geboren, verließ Farrell Irland mit 16 Jahren und schloss sich 1966 – bis zu einer Meinungsverschiedenheit in den 80er Jahren – der Kongregation der Legionäre Christi an. Er studierte Theologie und Philosophie in Rom sowie Wirtschaftswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Notre-Dame im US-Bundestaat Indiana. In Mexiko arbeitete er als Hochschulseelsorger.
In den 80er Jahren kümmerte sich Farrell im Erzbistum Washington um spanischsprachige Geistliche und Gläubige. Später wurde er Finanzsekretär des Erzbistums, 2002 Weihbischof. 2007 übernahm er als Oberhirte das Bistum Dallas. 2016 vertraute ihm Papst Franziskus die Vatikanbehörde an und erhob ihn im selben Jahr zum Kardinal.
Kritisch gesehen wird seine gute Bekanntschaft mit Theodore McCarrick (1930-2025), der wegen sexuellen Missbrauchs seinen Kardinalshut abgeben musste und in den Laienstand versetzt wurde. Farrell wird vorgeworfen, die Missbrauchstaten seines früheren Chefs in Washington nicht ausreichend mit aufgeklärt zu haben.