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Kathedrale des Lichts

In Amerika ist er ein geschätzter Künstler, in Europa eine Neuentdeckung. „Mit seinen lichterfüllten, großformatigen Gemälden war Richard Pousette-Dart (1916-1992) seiner Zeit voraus,“ erklärt Daniel Zamani, künstlerischer Direktor des Museums Frieder Burda in Baden-Baden. „Die Idee, Bilder großformatig und flächendeckend zu gestalten, hatte er schon vor den anderen abstrakten Expressionisten wie Jackson Pollock oder Mark Rothko,“ führt er weiter aus.

Das Museum Frieder Burda zeigt mit 137 Arbeiten die erste Retrospektive dieses Pioniers in Europa. Die Ausstellung ist ab Samstag (17. Mai) bis zum 14. September unter dem Titel „Poesie des Lichts“ zu sehen ist. Kuratiert wurde sie von Zamani und von Charles H. Duncan, dem Direktor der Richard Pousette-Dart Foundation in New York. „Für mich ist an diesem Künstler die multimediale Arbeitsweise das Besondere,“ sagt Duncan über den Künstler, der neben Gemälden auch Skulpturen und Fotografien schuf.

„Sein vorrangiges Thema,“ betont Zamani, „ist für mich das Licht.“ So scheinen die Bilder byzantinischer Glaskunst im ersten der drei Ausstellungsbereiche eine eigene Lichtquelle zu bergen. Inmitten dieser leuchtenden Gemälde vor grauem Hintergrund fühlt sich der Betrachter in eine Kathedrale des Lichts versetzt.

Weiterhin sind in dieser ersten Ebene seine „Brasses“ zu sehen, handgroße, aber doch monumental wirkende Messingarbeiten, die urtümliche Symbole darstellen und von der Kunst indigener Völker inspiriert sind. Ihre Formen werden durch die frühen Gemälde der 1940er in direkter Nachbarschaft reflektiert. In bunten Farben leuchten sie aus dem schwarzen Grund dieser Bilder heraus. Es folgt die Werkgruppe der „White Paintings“, die mit Reflexionen verschiedener Weißtöne spielen.

In der zweiten Ebene werden seine schwarz-weißen großformatigen Gemälde gezeigt. Durch einen harten Kontrast drängt das Weiß in den Raum und erzeugt optisch eine dreidimensionale Wirkung. In der obersten Ebene folgt sein Spätwerk mit großformatigen Bildern, die kosmische Visionen darstellen. Unzählige Pinselstriche erzeugen einen flimmernden Eindruck. „Diese Werke sind von seiner frühen Arbeit in einem Fotostudio inspiriert,“ sagt Duncan. „Dort entdeckte er, dass die Fotos aus unzähligen Bildpunkten bestehen.“ In den meisten Gemälden trug er zahlreiche Farbschichten auf, wodurch die Bilder wie lebendige Reliefs wirken.

Weiterhin sind hier seine fotografischen Porträts zu sehen, in denen er seine Familie und seinen nächsten Bekanntenkreis darstellte, darunter auch den Künstler Barnett Newman und seine Galeristin Betty Parson. Durch fotografische Experimente, wie der Mehrfachbelichtung, zeigt er einige der Porträtierten mit bedeutungsvollen Gegenständen ihres Berufslebens. Eine Vitrine präsentiert die kreativen Notizbücher mit Skizzen zu seinem Schaffen. Die Darstellung seiner Biografie mit Ausschnitten aus seinen Vorträgen gibt Einblick in das Leben und Denken des Künstlers.

Der in New York geborene Pousette-Dart wuchs laut Katalog in einem inspirierenden Elternhaus auf, das ihm die künstlerischen und spirituellen Grundlagen für seine Kunst vermittelte. Bereits mit acht Jahren wurde er von seinem Vater an die Malerei herangeführt. Nach der High-School entwickelte er autodidaktisch die zentralen Motive seiner Kunst. In den 1940ern konnte er sich im Kreis der abstrakten Expressionisten etablieren. Sein Durchbruch erfolgte in den 1950ern durch bedeutende Ausstellungen und Ankäufe. Der intuitive Zugang zur Kunst war für ihn wichtiger als technische Perfektion.(1125/16.05.2025)