Noch nie gab es so viele Ärzte in Deutschland. Doch in manchen Regionen herrscht Unterversorgung. Die Bundesregierung will das ändern. Doch die Kassenärzte befürchten falsche Maßnahmen.
Deutschlands Kassenärzte kritisieren Regierungspläne für eine Honorar-Umverteilung von Städten aufs Land. Damit soll eine Unterversorgung in strukturschwachen Regionen abgewendet werden. “Sollte das so gemeint sein, würde das Vorhaben eine bedenkliche Ahnungslosigkeit belegen, wenn es um die Bedarfsplanung geht”, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der “Neuen Osnabrücker Zeitung” (Donnerstag).
“Von den 5.000 Planungsbezirken in Deutschland sind ganze 19 unterversorgt. Was in diesen Planungsbezirken fehlt, sind Kinder- und Jugendpsychiater, Neurologen und Hautärzte”, sagte er. “Diese Lücken gibt es vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen. In den verbliebenen 4.981 Bezirken herrscht keine Unterversorgung.”
Die Bundesregierung erwägt eine Umverteilung von Honoraren gegen einen drohenden Landarztmangel. “Wir schaffen einen Fairnessausgleich zwischen über- und unterversorgten Gebieten”, heißt es dazu im Koalitionsvertrag. Für unterversorgte Gebiete werde eine Aufhebung des Honorardeckels von Fachärztinnen und Fachärzten geprüft. Außerdem soll es in unterversorgten Gebieten Zuschläge zum Honorar geben, in überversorgten Gebieten Abschläge. Dazu sagte Gassen der Zeitung: “Es wird auch in den Praxen der Kassenärzte in vermeintlich überversorgten Stadtlagen kein Skat gespielt, sondern im Schnitt sogar mehr behandelt, als von den Kassen erstattet wird – Stichwort Budgetierung.”
Die Zahl der ausgeschriebenen Arztstellen hat seit Ende der Corona-Pandemie bundesweit deutlich zugelegt, wie aus einer Stellenmarkt-Auswertung der Firma Index Research hervorgeht, die der Zeitung exklusiv vorliegt. 2022 waren demnach 137.591 Positionen ausgeschrieben. Ein Jahr später waren es 161.229, im Jahr 2024 sogar 231.556, ein Plus gegenüber dem Vorjahr um 43,6 Prozent.
Allerdings zeigen sich starke regionale Unterschiede. In den ersten vier Monaten dieses Jahres ist die Zahl der ausgeschriebenen Arztstellen in drei Bundesländern deutlich gesunken. In Sachsen waren es 11,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. In NRW lag das Minus bei 14 Prozent. In Brandenburg ist die Zahl um 15,7 Prozent eingebrochen.