Nach 25 Jahren im Amt geht die erste evangelische Dekanin in Kassel, Barbara Heinrich, am 1. September in den Ruhestand. Bei der Übernahme der Leitungsaufgabe war sie 40 Jahre alt. Damals begegnete ihr, eher indirekt, „die Sorge, ob ich das schaffen würde“, sagte Barbara Heinrich dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Auch als Frau sei es nicht leicht gewesen, den eigenen Platz einzunehmen, erinnerte sich die Dekanin. 1999 waren drei der 28 Dekanate der Evangelischen Kirche von Kurhessen Waldeck (EKKW) an der Spitze mit Frauen besetzt: „Das bestimmte den Ton und die Art zu kommunizieren“, sagte Heinrich.
Inzwischen habe sich einiges geändert – beispielsweise die Sprache: „Wir sprechen von Dekaninnen und Dekanen. In Gesetzestexten gibt es ‚die Bischöfin oder der Bischof‘. Hier werden Frauen sichtbar gemacht.“ Für diese Sichtbarkeit habe sie sich immer eingesetzt: „Sprache macht etwas mit den Bildern im Kopf“.
Mehr Aufmerksamkeit verdient nach ihren Worten das Thema „Leitungsamt und Familie“: „Wie Familie und die Herausforderungen des Amts zu vereinbaren sind, bleibt den einzelnen überlassen.“ Heinrich sieht hier noch Potenzial, „um deutlich zu machen, dass Frauen mit all ihren Themen im Leitungsamt gewollt sind“.
Als sie Mutter wurde, hätte sie sich Teilzeitmodelle gewünscht: „Aber nach ein paar Monaten Elternzeit konnte ich nur ganz oder gar nicht wiederkommen.“ Sogar ihre sechs Monate Elternzeit habe ein älterer Kollege mit dem Hinweis kommentiert, dass er so lange nicht in seinem Kirchenkreis fehlen könne. Mit solchen Äußerungen, so Heinrich, würden Frauen verunsichert.
1999 war Barbara Heinrich zur Dekanin des evangelischen Kirchenkreises Kassel-Ost berufen worden, seit 2005 stand sie an der Spitze des neu gebildeten Stadtkirchenkreises Kassel. Die Fusion der drei Kirchenkreise sieht sie als Meilenstein ihrer Arbeit: „Damit wurde die Evangelische Kirche in Kassel klarer und erkennbarer. Damit hatten wir die Strukturen, um auf die Herausforderungen der folgenden Jahre besser reagieren zu können.“
Mit Blick auf die Zukunft sagte Heinrich: „Was die Kirche macht, muss sie gut machen. Deshalb werden wir uns weiter konzentrieren müssen.“ Die Erkenntnis, dass nicht mehr alle alles machen müssen oder können, sei in den Köpfen, die Umsetzung aber noch zäh.
Ein Anliegen war und ist Heinrich die Ökumene. Wichtig sei der Austausch über Zugänge und Sichtweisen der einzelnen Kirchen und Gemeinschaften auf die Herausforderungen dieser Zeit, ebenso das theologische Gespräch in Respekt vor der Tradition der anderen. Die jüngste Vereinbarung der Landeskirche mit dem Bistum Fulda zu regelhaftem Austausch und der Präsenz beider Kirchen bei gesellschaftlichen Anlässen, Großveranstaltungen und in Krisen mache Mut, noch mehr Gemeinsames zu sehen und zu gestalten.