Einer für alle – oder bald überfordert? Kardinal Christoph Schönborn warnt vor einem Papst, der sich im Amt allein verliert. Wieso jetzt gemeinschaftliche Leitung gefragt ist.
Das Vorkonklave hat den emeritierten Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, nach eigener Auskunft sehr berührt: Es sei bewegend, sich neun Tage lang zu treffen und sich auszutauschen, “immer mit dem Gedanken, der, der dieses weiße Gewand tragen wird, sitzt schon unter uns. Er weiß es nicht, wir wissen es nicht. Gott weiß es”, sagte Schönborn der österreichischen Nachrichtenagentur Kathpress in Rom. Alles, was im Vorkonklave gesprochen werde, richte sich schon an den neuen Papst, “auch wenn keiner von uns weiß, wer es sein wird”.
Schönborn selbst war zwar beim Vorkonklave dabei, wird aber den Papst nicht wählen dürfen, weil er die Altersgrenze von 80 Jahren überschritten hat. Wenn die Kardinäle Mittwochnachmittag zur Wahl in die Sixtinische Kapelle einziehen, werde er innerlich sehr intensiv mit dabei sei, sagte Schönborn. Zugleich sei er nun in derselben Situation wie alle anderen Menschen auch, die gespannt auf den Ausgang des Konklaves warten.
Dass die ganze Welt jetzt nach Rom blickt, interpretierte der Kardinal als Ausdruck eines “ganz tiefen, vielleicht nicht immer eingestandenen, aber ganz realen Bedürfnisses nach Sinn und Orientierung und auch nach einer Gestalt, die deutlich etwas repräsentiert, was sonst in der Welt nicht zum Ausdruck kommt”.
Der Papst stehe nicht für sich, nicht für eine große politische oder wirtschaftliche Macht. “Er repräsentiert das, was letztlich das tiefste Sinnstiftende ist, er verweist auf die Transzendenz. Und für mich als Christ sage ich auch ganz einfach: Er verweist auf Jesus, von dem er diesen Auftrag hat: ‘Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Gemeinschaft bauen.'” Das sei eine Gemeinschaft, die für alle Menschen da sein möchte. “Dass eine solche Gemeinschaft möglich ist, das repräsentiert dieser Mann in Weiß”, so Schönborn. Bezeichnend dafür seien auch viele Reaktionen aus der muslimischen Welt auf den Tod von Papst Franziskus gewesen: “Da war eine große Trauer über den Verlust dieses Menschen, der mit dem Frieden identifiziert wird.”
Schönborn unterstrich, dass es unter den Kardinälen hohe Erwartungen im Blick auf die Teamfähigkeit des neuen Papstes gebe. “Diese Erwartung ist sehr stark”, da die Lage der Kirche “noch viel komplexer geworden ist” und ein Papst heute nicht nur den Rat der Kardinäle benötige, sondern er auf eine intensive Zusammenarbeit mit der Kurie, den Dikasterien und auch den weltweiten Bischofskonferenzen angewiesen ist. Eine überstarke Personalisierung des Amtes führe da leicht “an die Grenze einer Überforderung”. Daher werde einem künftigen Papst “von vielen von uns sehr nahegelegt, mit einem starken Teamwork seine Aufgabe wahrzunehmen”.