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“Kämpfer für Freiheit” – Trauer um Henry Kissinger

Trauer um Henry Kissinger: Der in Deutschland geborene ehemalige US-Außenminister ist am Mittwoch (Ortszeit) nach Angaben seines Beratungsunternehmens im Alter von 100 Jahren in Connecticut gestorben. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Kissinger, der 1938 als Kind mit seiner jüdischen Familie in die USA geflohen war, als „großen Kämpfer für Freiheit und Demokratie“ und „Hüter der transatlantischen Beziehungen“. Von 1969 bis 1975 war Kissinger Nationaler Sicherheitsberater und zwischen 1973 und 1977 Außenminister in den Regierungen der Republikaner Richard Nixon und Gerald Ford.

Im Zweiten Weltkrieg kämpfte Kissinger in Europa als US-Soldat gegen das nationalsozialistische Deutschland, machte später an der Eliteuniversität Harvard eine akademische Karriere. Er setzte sich als US-Außenpolitiker für eine Entspannung in den Beziehungen zur Sowjetunion sowie für eine Annäherung an China ein.

1973 bekam er für seine Verhandlungen zur Beendigung des Vietnamkriegs den Friedensnobelpreis, zusammen mit seinem vietnamesischen Gesprächspartner Le Duc Tho. Dieser lehnte den Preis ab, denn der Krieg hielt an und ging erst 1975 zu Ende.

Nach seiner politischen Karriere blieb Kissinger mit seiner Beraterfirma, bei Konferenzen, mit Vorträgen und in Interviews öffentlich präsent, auch in Deutschland. Mit dem 2015 verstorbenen Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) verband ihn eine Freundschaft. Im Sommer war er kurz nach seinem 100. Geburtstag noch einmal in seiner Geburtsstadt Fürth zu Besuch.

Bundespräsident Steinmeier schrieb in einem Kondolenzschreiben an Kissingers Familie: „Mit klarer Sprache und unerschrockener Diplomatie hat er die Vereinigten Staaten von Amerika und die Weltpolitik der Nachkriegszeit entscheidend geprägt.“ Er habe mit seiner Entspannungs- und Abrüstungspolitik den Grundstein für das Ende des Kalten Krieges und für den demokratischen Wandel im Osten Europas gelegt.

Ex-US-Präsident George W. Bush würdigte Kissinger als „eine der verlässlichsten und unverwechselbarsten Stimmen zu außenpolitischen Angelegenheiten“. Er habe Kissinger lange bewundert, werde dessen Freundschaft vermissen und Kissingers „Weisheit, seinen Charme und seinen Humor“.

US-Außenminister Antony Blinken sagte am Donnerstag vor Journalisten in Tel Aviv, Kissinger habe „den Standard gesetzt“ für alle seine Nachfolger im Außenministerium. Kaum jemand habe mehr getan, „um Geschichte zu gestalten“.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb im Netzwerk X, vormals Twitter, die Welt verliere einen besonderen Diplomaten. „Sein Einsatz für die transatlantische Freundschaft zwischen den USA und Deutschland war bedeutend, seiner deutschen Heimat blieb er stets verbunden“, würdigte der deutsche Kanzler den Verstorbenen.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte Kissinger „eine Jahrhundertgestalt der internationalen Politik“. Bei X schrieb Baerbock: „Für viele war er Vorbild. Andere haben sich auch an ihm gerieben. Was über allem bleiben wird, ist seine Größe, unserem Land nach dem Zweiten Weltkrieg die Hand auszustrecken und bis zuletzt in Freundschaft verbunden zu sein.“

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte Kissinger bei X „einen der wichtigsten und klügsten Außenpolitiker des vergangenen Jahrhunderts“. „Er war Bayer, Franke, Fürther und seiner alten Heimat und dem jüdischen Leben bis zuletzt verbunden“, fügte Söder hinzu.

Der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) bezeichnete Kissinger als „Jahrhundertpersönlichkeit“ und einen „Fürther, wie es ihn so schnell nicht mehr geben wird“.