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Justiz erinnert an “historisches Fehlurteil” gegen Hitler

1923 griff Adolf Hitler zum ersten Mal nach der Macht – gewaltsam. Das Gericht verzichtete auf ein hartes Urteil und beförderte damit seinen Aufstieg. Deshalb hängen heute falsch zusammengebaute Stühle von der Decke.

Eine Ausstellung im Münchner Justizpalast erinnert bis 5. Juli an den vor 100 Jahren gegen Adolf Hitler geführten Prozess wegen Hochverrats. Nach seinem Putsch-Versuch am 8. November 1923 wurde er vom Bayerischen Volksgericht in München zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt. Davon musste Hitler jedoch nur neun Monate absitzen. Durch den Prozess wurde Hitler erst deutschlandweit bekannt.

“Die Justiz hat damals eine unrühmliche Rolle gespielt und Hitler nicht gestoppt, obwohl es ihre Pflicht gewesen wäre”, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) bei der Eröffnung am Montagabend. “Sie hat es zugelassen, dass Hitler den Gerichtssaal als Bühne für seine menschenverachtende Propaganda nutzen und davon sogar noch profitieren konnte.” Die Präsidentin des Landgerichts München I, Beatrix Schobel, sagte: “Die Justiz heute trägt eine große Verantwortung dafür, dass ein solches Unrecht nie wieder passiert.”

Die Ausstellung trägt den Titel “Protokoll eines Justizversagens – 100 Jahre Hitler-Prozess”. Gestaltet hat sie der Münchner Kabarettist Christian Springer mit seiner Initiative “Schulterschluss”. Im Zentrum steht eine Installation aus falsch zusammengebauten Stühlen, die von der Lichtkuppel des Justizpalastes hängen. Hitler war am 8. November 1923 im Bürgerbräukeller auf einen Stuhl gestiegen, hatte einen Pistolenschuss abgefeuert und die Regierungen in München und Berlin für abgesetzt erklärt.

Die bayerische Justiz setzt sich schon länger dafür ein, das Bewusstsein für das NS-Unrecht und die Beteiligung der Gerichte daran zu schärfen. So wurde im Münchner Justizpalast eine Dauerausstellung über die Widerstandsgruppe “Weiße Rose” neu konzipiert und im April 2023 unter dem Namen “Willkür im Namen des Deutschen Volkes” eröffnet.

Das Gebäude in der Prielmayerstraße 7 ist montags bis donnerstags von 9 bis 15 Uhr öffentlich zugänglich, freitags bis 14 Uhr.