Das Evangelische Johanneswerk mahnt sozialpolitische Reformen für die Aufrechterhaltung der Pflege an. Trotz Pflegeversicherung bedeute Pflegebedürftigkeit ein Armutsrisiko, sagte der stellvertretende Vorsitzende, Bodo de Vries, am Donnerstagabend in Bielefeld. Die Sicherungssysteme seien nicht an die gesellschaftlichen Folgen des demografischen Wandels angepasst worden. Obwohl die Kosten stiegen und die Gesellschaft älter werde, blieben die Zahlungen aus der Pflegeversicherung gleich. Vereinbarungen des Koalitionsvertrages seien nicht umgesetzt worden.
Es gebe in Deutschland so viele hochaltrige Lebenspartner wie nie zuvor, erläuterte De Vries. Wenn ein Lebenspartner ins Altenheim gehe, dann drohe eine Verarmung der Lebensgemeinschaft. Die Kosten für den in der Pflege betreuten Menschen würden oft mehr als 3.000 Euro betragen. Zugleich müsse die Häuslichkeit für den zurückbleibenden Partner erhalten bleiben. Die Sicherungssysteme seien hier hier nicht angepasst, die Probleme nicht angegangen.
Auch sei nicht geregelt, wie die Investitionen nach den Vorgaben für eine Klimaneutralität finanziert werden sollen, erklärte De Vries. Es könnten dafür nicht einfach die Beiträge der Bewohner von Pflegeeinrichtungen oder Altenheimen angehoben werden.
Der demografische Wandel wirkt sich nach Worten des Johanneswerk-Vorsitzenden Ingo Habenicht auch auf die Personalgewinnung. Von den aktuell rund 7.500 Mitarbeitenden seien 1.200 über 60 Jahre alt und würden bald aus dem Dienst ausscheiden. Dabei setzt das Johanneswerk zunehmend auf Arbeitskräfte aus dem Ausland. Es arbeiteten bereits 1.000 Menschen mit 95 Nationalitäten in Einrichtungen der diakonischen Stiftung.
„Wir wollen Integtrationsprofi werden“, sagte De Vries. In diesem Jahr seien es fast 200 Menschen mit Migrationshintergrund, die vor ihrer Ausbildung in Praktika betreut würden. Sie würden unterstützt beim Erlernen der Sprache, mit Wohnraum und Patenschaften.
Probleme bereiten der diakonischen Stiftung nach Worten von Burkhard Bensiek von der Geschäftsführung bürokratische Hürden und enger werdende Rahmenbedingungen. Es sei zu merken, dass die Zuschüsse knapper werden und Anträge längere Bearbeitungszeiten hätten. Der Umsatz stieg im vergangenen Jahr mit 530 Millionen Euro erstmals über die 500-Millionen-Marke. Im Vorjahr waren es 495 Millionen Euro.
Das 1951 gegründete Johanneswerk ist einer der großen diakonischen Träger Deutschlands mit Sitz in Bielefeld. In mehr als 70 Einrichtungen arbeiten rund 7.500 Mitarbeiter. Die Angebote richten sich an alte und kranke Menschen sowie Menschen mit Behinderung, Kinder und Jugendliche.