Jobcenter dürfen ein Geldgeschenk für eine notwendige Dachreparatur an einem selbst bewohnten Eigenheim nicht einfach auf gezahlte Leistungen anrechnen. Führt das Geldgeschenk nicht zu einer Verbesserung der finanziellen Lage des Leistungsempfängers und hätte die Behörde sowieso die Reparaturkosten übernehmen müssen, handelt es sich nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen, urteilte am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 7 AS 10/23 R).
Geklagt hatte eine alleinstehende Frau aus dem Wartburgkreis, die ihr Eigenheim selbst bewohnt. Sie war 2017 auf die früheren Hartz-IV-Leistungen, das heutige Bürgergeld, angewiesen. Als das aus Wellasbestplatten bestehende Dach erhebliche Schäden aufwies und an mehreren Stellen Wasser einbrach, sprang die Mutter der Klägerin kurzerhand mit einem Geldgeschenk in bar in Höhe von 7.130 Euro für die Dachsanierung ein. Im Mai 2017 beglich die Frau die Handwerkerrechnung in fast derselben Höhe ebenfalls in bar. Dem Jobcenter hatte sie von dem erforderlichen neuen Dach nichts gesagt.
Als ein Jobcenter-Mitarbeiter bei einer Außenprüfung das neu gedeckte Dach bemerkte, kam das Geldgeschenk heraus. Daraufhin hob die Behörde die Bewilligung der Hartz-IV-Leistung ab August 2017 auf. Das Geschenk der Mutter sei als Einkommen und somit leistungsmindernd zu berücksichtigen. Da das Geld für die Dachreparatur verwendet wurde und die Klägerin ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten konnte, erhielt sie für den Zeitraum August bis November 2017 ein Darlehen. Vor Gericht verlangte sie rückwirkend Arbeitslosengeld-II-Leistungen als Zuschuss sowie die damit zu übernehmenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Das BSG gab der Klägerin recht. Normalerweise sei zwar zufließendes Einkommen als leistungsmindernd zu berücksichtigen. Dies gelte bei dem für die Dachreparatur zu verwendenden Geldgeschenk aber nicht. Mit dem undichten Dach habe ein unabweisbarer Unterkunftsbedarf bestanden, für deren angemessene Kosten das Jobcenter hätte aufkommen müssen. Das Geldgeschenk der Mutter sei von ihr freiwillig ohne „sittliche Verpflichtung“ erfolgt und habe auch nicht dazu geführt, dass die finanzielle Lage der Klägerin sich verbessert habe. Denn das Geld wurde ja für die Dachreparatur verwendet. In diesem Fall liege mit dem Geld kein berücksichtigungsfähiges Einkommen vor.