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Jeder siebte Baden-Württemberger gilt als arm

Armut in Baden-Württemberg betrifft jeden siebten Menschen. Das geht aus den am Dienstag in Karlsruhe vorgestellten Zahlen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Baden-Württemberg zu Armut im Jahr 2022 hervor. Mit 13,5 Prozent ging die Quote gegenüber 2021 um 0,6 Prozentpunkte zurück.

Damit waren mehr als 1,5 Millionen Menschen im Südwesten von Armut betroffen. Gegenüber dem Jahr 2005 stieg die Armutsquote rund drei Prozentpunkte. Bei einer deutschlandweiten Armutsquote von 16,8 Prozent liegt Baden-Württemberg unter den Ländern mit geringster Armut auf Rang zwei hinter Bayern (12,6 Prozent).

Der Armutsbericht des Paritätischen zählt Haushalte als arm, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügen. 2022 lag diese Grenze bei 1.860 Euro im Monat für eine alleinlebende Person, bei 2.490 Euro im Monat für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren. Für Alleinerziehende mit einem kleinen Kind lag der Wert bei 1.542 Euro im Monat.

Nicht beziffert in den Statistiken ist die „verdeckte Armut“. Darunter fallen Menschen, denen Grundsicherung zusteht, die sie aber nicht beantragen.

„Armut bleibt ein ungelöstes Problem im Land“, sagte Sabine Wild, Leiterin Armutsprojekte beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg. Vor allem betroffen seien Alleinerziehende, nicht Erwerbstätige sowie Menschen mit geringer Bildung und Migrationsgeschichte, sagte Wild. Besonders hoch ist der Anteil bei Kindern und Frauen über 65 Jahren (19,5 Prozent).

Ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg lebte laut der Statistik 2022 unterhalb der Armutsgrenze. Fast zwei Drittel der erwachsenen Armen gingen danach entweder einer Arbeit nach oder waren in Rente oder Pension. Durch hohe Kosten für Pflege und Unterbringung im Alter reiche Armut zunehmend in die „bürgerliche Mitte“ hinein, sagte Lissi Hohnerlein vom Tagestreff für Frauen „SOZPÄDAL“ in Karlsruhe auf Nachfrage des Evangelischen Pressdienstes (epd). Ein Hauptproblem für Menschen, mit denen die Einrichtung arbeite, sei Wohnungslosigkeit, führte Hohnerlein aus.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband Baden-Württemberg appelliert an die Landesregierung, die weiterhin hohe Armutsquote und deren Folgen für die Betroffenen zu bekämpfen. „Langfristig muss systematisch mehr in die Ausbildung und Qualifizierung von jungen Menschen investiert werden“, sagte Wild. Investition gegen Armut sei eine Investition in die Zukunft, betonte sie. (0677/26.03.2024)