Hans Zimmermann war von 1975 bis 2014 Gemeindepfarrer in den beiden Weddinger Gemeinden Martin-Luther (Pankow-West) und Kapernaum. Im Ruhestand hat er sechs Jahre im Untersuchungsgefängnis Moabit als Gefängnisseelsorger gearbeitet. Die neue Aufgabe übernimmt der 73-Jährige, bis eine dauerhafte Lösung gefunden ist. Im Interview mit Katharina Körting erzählt er, worum es dabei geht.
Herr Zimmermann, wie sieht der Arbeitsalltag im Messebetrieb aus?
Zimmermann: Das Team der Messeseelsorge versucht, während der drei großen Messen Grüne Woche, ITB, IFA täglich zu den Öffnungszeiten von 10 bis 18 Uhr mit zwei Personen den Raum der Stille geöffnet zu halten. Dazu gehört, den Raum herzurichten, vergleichbar mit dem gemeindlichen Kirchdienst: Altarkerzen anzünden, für Blumenschmuck sorgen, im Winter Heizung anstellen sowie einerseits ansprechbar für Besucher’*nnen und auskunftsfähig zu sein bei Glaubensfragen und andererseits zuhören zu können.
Mit welchen Anliegen kommen die Besucher in den Raum der Stille?
Die Anliegen sind sehr unterschiedlich: Manche möchten in der Stille beten, das wünschen Christen wie Muslime. Andere möchten zur Ruhe kommen und die Stille genießen. Wieder andere möchten etwas erzählen, etwas loswerden. Oder ein Baby stillen. Manchmal kommen auch Gruppen, die sich einen geistlichen Impuls wünschen. Wieder andere fragen nach dem Weg zur Messehalle.
Was gehört noch zu den Aufgaben der Ehrenamtlichen?
Außer im Raum geht auch immer einer von uns durch die Hallen. Gekennzeichnet sind wir entweder durch die lila Weste der Notfallseelsorge oder Ansteckschildchen „Messeseelsorge, ehrenamtliche Mitarbeiterin“. Wir sprechen Aussteller*nnen an oder werden von ihnen befragt, ebenso von Besucher*innen, die zufällig hinter einer*m gehen oder stehen.
Haben Sie eine bestimmte Begegnung oder ein Gespräch in besonderer Erinnerung?
Ja, da sind einige. Ich bin ja erkennbar an meiner lila Notfallseelsorgeweste. Mich spricht ein älterer Mann, den Tränen nahe, an: „Sie hätte ich damals gebraucht, aber so etwas gab es nicht bei uns. Und dann erzählt er und beschreibt die schrecklichen Bilder, unter denen er immer noch seit über 60 Jahren leidet. Das schlimme Eisenbahnunglück in der Nähe von Magdeburg Anfang der 1960er Jahre ist ihm immer noch vor Augen, mit den vielen Toten und Verletzten, seinen Sorgen um seine Kinder im Zug, den Schreien und der eigenen Hilflosigkeit.
Unser Raum der Stille auf dem Messegelände bietet Raum und Gelegenheit zu solchen entlastenden Gesprächen, zur Ruhe in all dem Trubel solcher Großveranstaltungen, zum Gebet von Menschen aller Religionen und zur Besinnung. Deshalb bin ich dankbar, mich in ein sehr engagiertes Team von Ehrenamtlichen einzuordnen. So können wir den Raum an Messetagen offenhalten und mithelfen, diesen so wertvollen Ort bis Anfang 2025 notfallmäßig mitzugestalten. Neue Ehrenamtliche sind herzlich willkommen.
Welche Eigenschaften sollten Ehrenamtliche mitbringen?
Sie sollten gut zuhören können und auskunftsfähig über den eigenen Glauben sein.