Grippe, FSME, RSV: Bei Standardimpfungen liegen die Menschen in Deutschland durchschnittlich hinter den Erwartungen zurück. Betroffen sind besonders Risikogruppen. Warum das ein echtes Problem ist.
“Impfungen für alle sind menschlich möglich”: Zur Europäischen Impfwoche, die noch bis 3. Mai läuft, fordert die Weltgesundheitsorganisation WHO dazu auf, eine hohe und gleichmäßige Impfquote durchzusetzen. Doch Deutschland bleibt im internationalen Vergleich deutlich hinter den Ansprüchen zurück. Das gilt besonders für Risikogruppen wie Menschen über 60 Jahren.
Laut Robert Koch-Institut und mit Stand Dezember 2024 lassen sich zum Beispiel weniger als 40 Prozent aller Älteren gegen Grippe impfen – Tendenz sinkend. Die Zielvorgabe der Europäischen Union und der WHO liegt bei 75 Prozent. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt Älteren außerdem eine Immunisierung gegen Pneumokokken. Die Quote beträgt hier gerade einmal rund 20 Prozent.
Jedes Jahr sterben in Deutschland Tausende Menschen an Infektionskrankheiten. So lag die Zahl schwerer Grippeerkrankungen in der vergangenen Grippesaison 2024/2025 laut Robert Koch-Institut (RKI) deutlich über dem Vorjahr.
Das hat offenbar Konsequenzen: Im Februar und März 2025 starben in Deutschland insgesamt im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Menschen. Parallel dazu, so der Hinweis des Statistischen Bundesamtes, stieg auch die Zahl der Grippeinfektionen an. Wie viele Menschen nachweislich an Grippe gestorben sind, ist schwer nachweisbar. Das RKI schätzte aber beispielsweise noch vor der Covid-Pandemie die Zahl pro Saison auf mehr als 20.000 Menschen.
Bei einigen Patienten sind Impfserien unvollständig. Nach aktuellsten Erkenntnissen des RKI liegt die Impfquote bei Kleinstkindern gegen Polio-Viren anfangs noch bei 96 Prozent. Nur 77 Prozent erhalten aber die in den ersten zwei Jahre empfohlene vollständige Impfserie – mit insgesamt drei Impfdosen.
Dabei lassen sich versäumte Teilimpfungen laut RKI leicht nachholen. Es gebe “grundsätzlich keine unzulässig großen Abstände zwischen den Impfungen”. In der Regel müsse auch bei einer für viele Jahre unterbrochenen Grundimmunisierung die Impfserie nicht neu begonnen werden. Dazu gehören beispielsweise Diphtherie, FSME, Tetanus, Polio und Hepatitis B.
Laut Nationaler Lenkungsgruppe Impfen (NaLi) ist ein vollständiger Impfschutz besonders für die Gesundheit älterer Menschen von Bedeutung: “Im zunehmenden Alter lässt die Immunabwehr nach, und Infektionen können schwerer verlaufen”, heißt es in einer Mitteilung. Die Lenkungsgruppe empfiehlt für Menschen ab 60 Jahren eine jährliche Impfung gegen Grippe und Covid-19, außerdem gegen Pneumokokken, Gürtelrose und das Erkältungsvirus RSV.
Auch in den ersten Lebensmonaten liegt ein erhöhtes Risiko schwerer Erkrankungen vor. Auf Nachfrage beim RKI empfehlen Experten deshalb, Neugeborene und Säuglinge zur Vorsorge gegen RSV impfen zu lassen. Einen vollständigen Impfkalender bietet das Institut auf seiner Webseite. Schwangeren empfiehlt es eine Impfung gegen Grippe. Für alle Erwachsen rät die STIKO alle zehn Jahre zu einer Auffrischungsimpfung gegen Diphtherie und Tetanus, zu einer einmaligen Impfung gegen Keuchhusten und Masern sowie einer Basisimmunisierung gegen Covid-19.
Eine weitere saisonale Infektionswelle steht bereits bevor: Ab dem Frühjahr warnen Fachleute vor einer durch Zeckenbisse übertragenen Infektion mit FSME und Borreliose. Für eine Grundimmunisierung gegen FSME ist es für dieses Jahr zu spät: Je nach Impfstoff ist mit bis zu einem Jahr zu rechnen. Gegen Borreliose gibt es bislang keinen Impfstoff. Für 2025 weist das RKI Risikogebiete vor allem in Baden-Württemberg, Bayern, Teilen Hessens, Thüringens und Sachsen aus.