„Was du machst, mach richtig!“ Diesen Rat seiner Mutter befolgte Le Corbusier – mit einem Lebenswerk, das in seiner Kompromisslo-sigkeit seinesgleichen sucht. Nun sind seine Bauten in sieben Ländern ins Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen worden.
Stapelhäuser für den modernen Menschen
Wenig zimperlich schlug er in den 1920er Jahren den Abriss des gesamten Pariser Stadtzentrums rechts der Seine vor. Die Bevölkerung sollte in gigantische Wohntürme umziehen und Teil einer verkehrsgerechten, wirtschaftlich effizienten Metropole werden. Mit solchen Entwürfen wurde Le Corbusier nicht nur zu einem genialen Vordenker der Betonarchitektur des 20. Jahrhunderts. Seine Radikalität steht Kritikern auch für ein wenig humanes Rasterdenken, das die Bedürfnisse des einzelnen Menschen am Ende außer Acht lässt.
Als Charles Edouard Jeanneret-Gris kam Le Corbusier am 6. Oktober 1887 in der Uhrenstadt La Chaux-de-Fonds im Schweizer Jura zur Welt. Sein Vater war Uhrenziseleur, seine Mutter Musikerin. Sie übte bis zu ihrem Tod im Alter von 100 Jahren einen besonderen Einfluss auf den Sohn aus.
Zunächst schien der Junge beruflich in die Fußstapfen des Vaters zu treten, doch schließlich brachten ihn seine Studien zunächst zur Malerei und am Ende zur Architektur. In den 1920er Jahren, in denen er auch seinen Künstlernamen und die Hornbrille und Fliege als Markenzeichen annahm, entwickelte er seine immer konsequenteren Architekturadaptionen an eine technisierte Welt.
Neben diversen Privatvillen konzipierte Le Corbusier Stapelhäuser für den modernen Menschen: Serienbauten mit genormten Einzelteilen, die alle Funktionen einer Stadt unter einem Dach vereinigten. Zu seinen bekanntesten Werken gehören ein mondänes Doppelhaus in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung (1927), der „Pavillon der neuen Zeit“ für die Pariser Weltausstellung (1937), die sogenannte Unite d‘Habitation in Marseille (1945-1950) und vier weiteren Städten, die Modernisierung der kolumbianischen Hauptstadt Bogota (1950) sowie Bauten im südindischen Chandigarh, wo er eine ganze Provinzhauptstadt („City Beautiful“) in der Art Brasilias schuf.
Spektakulär sind auch Le Corbusiers wenige Kirchenbauten. Am bekanntesten ist die Kapelle Notre Dame du Haut im ostfranzösischen Ronchamp (1952-1955). Der geschwungene Betonbau mit dem Pilzdach – das tatsächlich einem am Strand gefundenen Krebspanzer nachempfunden ist – wurde schnell zu einer Ikone des Kirchenbaus der Nachkriegszeit. Bei Corbusier-Puristen stieß der vorübergehende Verlust der Linientreue dagegen auf Enttäuschung. Anders das kubische Dominikanerkloster „La Tourette“ in Eveux bei Lyon (1956-1960), das den „reinen“ Le Corbusier wiedergibt und ebenfalls bis heute Pilgerstätte für Architekten ist.