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Ihr Feind könnte Ihr bester Freund werden

Von Veit Hoffmann

Von Veit Hoffmann

Am kommenden Donnerstag werden alle Augen auf die Landungsstrände in der Normandie gerichtet sein. Der 70. Jahrestag der Landung der Alliierten wird in Anwesenheit von zahlreichen Staatsoberhäuptern und vor hunderttausenden Zuschauern vor Ort feierlich begangen.

Zahlreiche Gedenkzeremonien sowie Ausstellungen, Feuerwerke und Paraden stehen auf dem Programm. Wir werden bewegende Szenen sehen, wenn sich ehemalige Feinde umarmen und über Ihre Erlebnisse sprechen. Der 6. Juni ist Anlass, um an die Vergangenheit zu erinnern und dankbar zu sein für Frieden in Europa. Die Invasion in der Normandie forderte auf alliierter Seite über 67 000 Tote. 155 000 Soldaten werden verwundet, 18 000 sind vermisst. Auf deutscher Seite sterben rund 50 000 Armeeangehörige.Etwa 150 000 deutsche Soldaten werden verwundet.Viele der Toten sind auf zahlreichen Soldatenfriedhöfen in der Normandie begraben. 6. Juni 1944. Am D-Day und den folgenden zwei Tagen werden 176 000 Mann, 20 000 Fahrzeuge und viele tausend Tonnen Material mit Schiffen über den Kanal befördert.20 000 Mann Luftlandetruppen werden hinter den deutschen Linien abgesetzt. Im Spiegel las ich über Hein Severloh, damals 20 Jahre alt. Er verteidigte Hitlers Atlantik-Wall gegen die Alliierten. Er sagt, er habe an diesem einen Tag mehr als 2000 Alliierte getötet oder verwundet. Darunter auch David Silva, damals 19 Jahre alt, heute Militärpfarrer. Er wurde schwer verwundet. Der damalige Schütze und sein Opfer sind mittlerweile befreundet. Was mich bedrückt ist, dass Severloh berichtet, er habe nicht auf Menschen geschossen sondern auf namenlose Ziele. Auf einen anonymen Feind, ohne Augen, Herz und Seele. Also nicht auf Kevin, John oder Andy. Es ist das genaue Gegenteil von dem, was Gott getan hat. Er verlieh den Menschen ein Gesicht zu seinem Ebenbild (1. Mose 1, 27). Wer in das Gesicht eines Menschen schaut, der darf darin Gottes Antlitz sehen. Was können wir heute daraus lernen? Egal wen Sie heute kritisieren – denken Sie immer an sein Gesicht. Dass er Mensch ist wie Sie. Bei „den“ Politikern, „den“ Asylbewerbern, „den“ Obdachlosen, „den“ Kollegen. Wie schnell vergessen wir, dass jeder seine Geschichte hat, seine Wahrheit, seine Träume, seine Sorgen. „Schießen“ Sie nicht mit Worten vorschnell. Schauen Sie nach, wer sich auf der anderen Seite verbirgt. Er könnte ein besserer Freund werden als der, den Sie bisher dafür gehalten haben. So wie Hein Severloh und David Silva.