Hamburg. Es ist eines der letzten Male, dass Robert Zeidler in seinem Büro den Rechner hochfährt. Die Schubladen sind schon leer, die Sachen gepackt. Nach 14 Jahren verlässt der 55-jährige Pastor die Jugendkirche. Ab August kehrt er als Religionslehrer in seine alte Heimat Preetz zurück. „Ein neuer Lebensabschnitt, der damit beginnt“, sagt er und blickt sich um.
Der Traum von einer eigenen Kirche entstand auf der Expo 2000. Zeidler verbrachte dort eine Woche mit einer Jugendgruppe. Eine eigene Kirche, die ausschließlich von Jugendlichen gestaltet werden sollte. „Wo nicht am Sonntagmorgen für den traditionellen Gottesdienst alles wieder schick sein musste.“ Doch es sollte noch einige Jahre dauern, bis die Jugendkirche im April 2008 als erste Jugendkirche Nordelbiens eröffnen konnte. Kicker, Sommerreisen oder ein Jugendcafé sucht man hier vergeblich. „Wir wollten keine Konkurrenz für die Jugendarbeit in den Gemeinden sein“, erklärt er.
Hamburger Jugendkirche ist zu einer festen Institution geworden
Besonders die Ausstellungen sind heute ein Aushängeschild und reisen teilweise durch die ganze Republik. „Flucht – der Weg“, „#Gott, Reise ins Jenseits“, „Luther“ oder zuletzt „Alles Anders“ zur Pandemie und ihren Auswirkungen. 4000 bis 5000 Jugendliche kommen jedes Jahr in die vier Ausstellungen. „2000 von ihnen haben sonst nichts mit Kirche zu tun und erleben hier, dass Kirche richtig Spaß machen kann“, sagt er. Da können die eigenen Werte in die Waagschale einer Küchenwaage gelegt, der Koffer fürs Jenseits gepackt oder herausgefunden werden, wie Glück eigentlich für einen persönlich schmeckt. Gerade dadurch würden sich immer wieder tolle Gespräche ergeben. „Diese Momente werden mir hängen bleiben“, sagt Zeidler. Und auch Schüler, die zunächst nur widerwillig in eine der Ausstellungen gingen und am Ende Spaß hatten. „Teilweise mussten wir Jugendliche abends rausschmeißen, damit sie noch rechtzeitig den Bus erreichen.“
Nun geht es für Robert Zeidler nach Preetz
In die alte Heimat. Dorthin, wo Zeidler seine ersten Schritte in der kirchlichen Jugendarbeit machte. Doch warum wird man heute noch Religionslehrer? „Ich lehre einfach gern“, sagt er und erzählt, wie wichtig der Religionsunterricht gerade heutzutage sei. „Religionsunterricht hat nicht die Aufgabe, neue Menschen in den Sonntagsgottesdienst zu bringen.“ Viel mehr ginge es darum, sprach- und bildfähig zu werden, Lebensfragen zu diskutieren und im besten Fall für sich eine Antwort zu finden.
Und ganz neu ist Zeidler das Unterrichten nicht. Immer wieder lehrte er in den vergangenen Jahren an der Uni Hamburg, dem Rauhen Haus und am Marion-Dönhoff-Gymnasium in Blankenese. „Es macht einfach richtig Spaß“, sagt er. Doch Robert Zeidler wäre nicht Robert Zeidler, wenn er künftig seine Schüler mit dem Auswendiglernen von Bibelversen und dem Ausfüllen von Arbeitsblättern beschäftigen würde. „Ein Lehrplan ist ja schön und gut, aber man kann Religion auch anders unterrichten.“
Sicher, der Raum Jugendkirche sei etwas völlig anderes als der Raum Schule. Aber: „Ich arbeite gern kreativ mit jungen Menschen zusammen. Und diese Kreativität möchte ich auch als Berufsschullehrer lebendig werden lassen“, so Zeidler. Wie das umzusetzen sei, werde die Zeit zeigen. Jetzt Pläne zu machen sei so, „wie eine Predigt zu schreiben, ohne die Gemeinde zu kennen“. Seine neue „Gemeinde“ wird er nun bald kennenlernen. Bis dahin hat er Urlaub. Eigentlich. Denn anstatt sich in der Sonne zu entspannen, ist Zeidler noch immer auf der Suche nach e