Die Jugend wisse nur noch wenig über die Verbrechen der Nazis, sagt der Holocaust-Überlebende Christian Pfeil, der regelmäßig in Schulen spricht. Am Montag ist er beim Gedenken in Auschwitz dabei.
Der Holocaust-Überlebende Christian Pfeil beklagt 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz zu wenig Wissen über die Verbrechen der Nationalsozialisten bei Jugendlichen. Die Jugend sei sehr schlecht informiert, sagte der Zeitzeuge am Montagmorgen in Berlin. Für Schüler sollte daher ein Besuch in einem früheren NS-Konzentrationslager verpflichtend sein. Jugendliche sollten mit eigenen Augen sehen, “was Nazi-Deutschland damals den Menschen angetan hat”. Er glaube nicht, dass Jugendliche sich sonst vorstellen könnten, was es bedeute, dass damals rund sechs Millionen Juden und rund 500.000 Sinti und Roma aus ganz Europa ermordet wurden.
Pfeil gehört der hochrangigen deutschen Delegation rund um Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an, die am 80. Jahrestag an der zentralen Gedenkveranstaltung zur Befreiung des ehemaligen NS-Konzentrationslagers Auschwitz teilnimmt. Der 81-Jährige äußerte sich vor der Abreise nach Polen.
Pfeil wurde 1944 im Ghetto Lublin geboren. Er ist Sinto. Seine Familie wurde 1940 von den Nazis in das von Deutschland besetzte Polen verschleppt. Einige Verwandte wurden in Auschwitz getötet. Pfeils Eltern und Geschwister kamen in andere Lager und überlebten die NS-Zeit. Er spricht als Zeitzeuge seit Jahren mit Jugendlichen in Schulen.
Zum Gedenken im früheren Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz werden zahlreiche Staatsoberhäupter und Überlebende erwartet. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reist an.
Soldaten der Rote Armee hatten überlebende Häftlinge des NS-Lagers in dem von Deutschland besetzten Polen am 27. Januar 1945 befreit. Die Zahl der in Auschwitz und im dazugehörigen Vernichtungslager Birkenau ermordeten Menschen wird auf etwa 1,1 bis 1,5 Millionen geschätzt. Das Lager nahe der polnischen Kleinstadt Oswiecim in der Nähe von Krakau war das größte Konzentrationslager der Nazis. Die große Mehrheit der dorthin Deportierten waren Jüdinnen und Juden. Auschwitz wurde zum Synonym für die Schoah.