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Hoffnung im Gegenwind

Andacht über den Predigttext zum 4. Sonntag nach Trinitatis: 1. Petrus 3, 8-17

Predigttext (in Auszügen)
8 Endlich aber seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig. 9 Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, auf dass ihr Segen erbt. 10 Denn „wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. 11 Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach. 12 Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber sieht auf die, die Böses tun“ (Psalm 34,13-17). 13 Und wer ist‘s, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? 14 Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; 15 heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist (…).

Jaja. Das ist so manches Mal die Reaktion auf Mahnungen und Anweisungen. Das fängt schon in jungen Jahren an: Komm pünktlich nach Hause, wasch dir die Hände, mach keinen Unsinn! Jaja. Und später: Tu mehr für die Schule, lern was Gescheites. So willst du aus dem Haus gehen? Jaja.
Dass dieses „Jaja“ nicht etwa begeisterte Zustimmung bedeutet, ist klar. Jaja heißt: „Du kannst mich mal“. Nett ausgedrückt. Wer mag schon solche Ermahnungen?
Nun ist der Verfasser des ersten Petrusbriefes nicht gerade zurückhaltend mit seinen Weisungen. Ich zähle mindestens 15 davon in nur zehn Versen. Da könnte man geneigt sein zu sagen: Jaja. Ist klar. Wer soll das denn alles beherzigen?
Aber der Dreh- und Angelpunkt des Textes steckt für mich in Vers 15: „Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.“ Da schreckt zwar zunächst der Begriff „Rechenschaft“ etwas ab. Das klingt so bürokratisch und ein bisschen nach Werkgerechtigkeit. Also gar nicht protestantisch. Aber es geht ja nicht darum, Rechenschaft über meine Taten abzulegen. Sondern über meine Hoffnung. Und das finde ich stark.
Überhaupt stecken in dem Text auch ein halbes Dutzend Zusagen, die Gott bereithält: „Ihr seid dazu berufen, dass ihr Segen erbt.“ Oder: „Die Ohren des Herrn hören auf das Gebet der Gerechten.“
Wenn Christen also nach den Mahnungen dieses Briefes handeln, dann tun sie das nicht, um sich damit bei Gott Verdienste zu erwerben. Sie tun es, weil sie damit ihrer Hoffnung Ausdruck verleihen. Es geht um die Hoffnung, dass Gott seine Menschen nicht verloren gibt. Dass er auch diese Welt nicht verloren gibt – so schlimm es manchmal um sie stehen mag. Dass er auch mich nicht verloren gibt, so fern ich ihm auch zuweilen bin.
Bei Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle. Und deshalb gehen auch seine Nachfolgerinnen und Nachfolger nicht gnadenlos mit dieser Welt und ihren Menschen um. Wer Hoffnung hat, der ist mitleidig und barmherzig. Der jagt dem Frieden nach. Und der vergilt nicht Böses mit Bösem.
Das Letzte ist vielleicht eine der schwersten Übungen. Ich merke das, wenn der Ton im Land rauher wird. Und das wird er seit einigen Jahren. Menschen, die die Gesellschaft vergiften wollen, ertönen immer lauter und dreister. Es werden Gewaltfantasien und Hass verbreitet. Der politische Gegner wird angegriffen und verleumdet. Die Andersgläubige wird verachtet. Und über das Internet wird deutlich: So denken und reden nicht nur Einzelne.
Gerade heutzutage sind die Mahnungen des Petrusbriefes also erschreckend aktuell: „Vergeltet nicht Scheltwort mit Scheltwort.“ Das ist altmodisch formuliert, bringt es aber auf den Punkt. Das ist nämlich der Kreislauf des Bösen. Und genau dagegen richten sich diese Verse: „Wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes.“
Das setzen Christen dem entgegen, was heute gemeinhin als „Hatespeech“ und „Fake news“ bezeichnet wird – also Hassrede und bewusste Falschnachricht. Beides dient nicht dem Frieden, sondern dem Unfrieden. Wer Jesus Christus nachfolgt, der kann so nicht reden und handeln. Auch wenn einem dann schon mal ein rauer Wind entgegenweht. Das verschweigt der Predigttext nicht. Aber wer Hoffnung hat, der lebt auch so. Der kann nicht anders. Und der vertraut darauf: „Wer ist‘s, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert?“
Dann heißt „Jaja“ nicht: Du kannst mich mal. Sondern dann heißt „Jaja“: Amen. So sei es.