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Historikerin mahnt: Demokratie verteidigen

Die Historikerin Andrea Löw hat davor gewarnt, das Erinnern an den Holocaust zu einem inhaltsleeren und formelhaften Selbstzweck werden zu lassen. Der 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz falle in einer Phase, in der Demokratie keine Selbstverständlichkeit mehr sei, sagte die Professorin und Wissenschaftliche Leiterin des Münchener Zentrums für Holocaust-Studien laut Manuskript am Montagabend bei der zentralen Gedenkveranstaltung des Senats im Bremer Rathaus. „Wir müssen unsere Demokratie verteidigen.“

Der 27. Januar ist seit 2005 internationaler Holocaust-Gedenktag. Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Truppen das NS-Vernichtungslager Auschwitz.

Löw erinnerte an viele Zeugnisse von Opfern, die die Verbrechen der Nazis dokumentierten. Immer wieder werde dadurch deutlich, dass große Teile der nichtjüdischen Bevölkerung mit ihrem Verhalten das Handeln der Täter erst ermöglicht hätten. Zwar habe es Menschen gegeben, die halfen und sich für die verfolgte und bedrohte Minderheit einsetzten. „Aber: Viele haben nicht reagiert, vielleicht haben sich einige geschämt; andere aber haben gelacht, mitgemacht, denunziert und auch selbst gemordet.“

Die Gegenwart weise zahlreiche Parallelen zu den 1930er Jahren auf, mahnte Löw. „Schauen Sie, ganz aktuell, in die USA, aber auch den Aufstieg der Rechtsextremen in so vielen Ländern Europas, schauen Sie nach Österreich und gerade auch auf Deutschland und den Wahlkampf und hier zum Beispiel das Thema der Remigration.“ Immer mehr Menschen gewöhnten sich daran, dass gegen andere Menschen geredet werde, dass sie angegriffen, ausgegrenzt oder abgeschoben werden sollen. „Das ist gefährlich.“

Löw beendete ihren Vortrag mit einem Zitat der Auschwitz-Überlebenden Marian Turski: „Seid nicht gleichgültig, wenn ihr historische Lügen seht. Seid nicht gleichgültig, wenn ihr seht, dass die Vergangenheit für aktuelle politische Zwecke missbraucht wird. Seid nicht gleichgültig, wenn irgendeine Minderheit diskriminiert wird (…) Seid dem Gebot treu. Dem elften Gebot: Du sollst nicht gleichgültig sein.“