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Hamas übergibt vier weitere Geiseln – Israel lässt Gefangene frei

Der zweite Austausch von Geiseln und Gefangenen zwischen der Hamas und Israel hat weitgehend reibungslos funktioniert. In Tel Aviv verfolgten Hunderte live auf Bildschirmen die Übergabe der vier israelischen Soldatinnen.

Vier weitere Hamas-Geiseln sind am Samstag freigelassen worden, im Austausch für 200 palästinensische Gefangene aus israelischer Haft: Das Abkommen zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation scheint insgesamt zu funktionieren. Zugleich prägten weitere Spannungen und das Risiko einer neuen Gewalteskalation am Wochenende die Lage zwischen den Konfliktparteien.

Die vier jungen Soldatinnen, die seit dem Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober 2023 im Gazastreifen festgehalten wurden, konnten am Samstag vom Internationalen Roten Kreuz in Empfang genommen werden. Anschließend übergab sie die israelische Armee nach 477 Tagen Gefangenschaft wieder ihren Familien. Laut israelischen Medienberichten vom Sonntag ergaben erste medizinische Untersuchungen, dass sich Naama Levy, Karina Ariev, Liri Albag und Daniella Gilboa in “stabilem Gesundheitszustand” befinden.

Nach der Übergabe der vier Frauen begann Israel mit der Haftentlassung der 200 Palästinenser – laut Abkommen 50 pro Geisel. Unter den Freigelassenen sollen sich auch ranghohe Terroristen befinden, die zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren. Nach palästinensischen Angaben wurden etwa 130 Häftlinge nach Ramallah im Westjordanland gebracht, wo sie in der Öffentlichkeit teils frenetisch bejubelt wurden. Weitere rund 70 palästinensische Gefangene wurden Berichten zufolge wegen ihrer schweren Straftaten nach Ägypten gebracht.

Auf dem “Geiselplatz” in Tel Aviv verfolgten am Samstag hunderte Menschen die Übergabe der Soldatinnen live auf Großbildschirmen. Die Fernsehbilder zeigten, wie die vier Geiseln in Gaza zunächst einer aufgeheizten Menge mit Islamistenflaggen vorgeführt wurden. Viele der in Tel Aviv Versammelten hielten derweil Plakate mit Willkommensbotschaften sowie Fotos von den in den Händen der Hamas verbleibenden mehr als 90 Geiseln hoch, deren Namen laut verlesen wurden mit der Forderung nach einer sofortigen Freilassung. Allerdings sollen mehr als 30 von ihnen bereits tot sein.

Die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas trat am 19. Januar in Kraft und soll sechs Wochen dauern. Zu Beginn des Abkommens hatte die Hamas bereits drei aus Israel verschleppte Zivilistinnen übergeben, Israel im Gegenzug 90 Palästinenser aus der Haft entlassen. Geplant ist, innerhalb der sechs Wochen nacheinander 33 Geiseln gegen zunächst rund 1.900 Gefängnisinsassen auszutauschen.

Allerdings gibt es weiter Spannungen um die genaue Umsetzung des Abkommens. Die israelische Regierung dringt darauf, dass eine weiterhin festgehaltene Zivilistin freigelassen wird. Ursprünglich sollte Arbel Yehoud an diesem Samstag in Freiheit kommen. Solange dies nicht geschehen sei, dürften Menschen aus dem südlichen Gazastreifen nicht in den Norden zurückkehren, so das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Die Frau soll sich nicht in den Händen der Hamas, sondern des Palästinensischen Islamischen Dschihads befinden und nach Angaben aus Palästinenserkreisen am kommenden Samstag freikommen.

Unterdessen erhob die palästinensische Seite am Sonntag den Vorwurf, im Gazastreifen seien fünf Menschen durch israelische Schüsse verletzt worden. Das Militär habe das Feuer auf eine Menschenmenge eröffnet, hieß es aus medizinischen Kreisen. Laut israelischen Medien sollen Palästinenser versucht haben, den Korridor zwischen dem Nord- und dem Südteil des Gazastreifens zu durchqueren. Der arabische Sender Al-Jazeera berichtete über Tausende Menschen, die in ihre Häuser im Norden zurückkehren wollten.