Für Israels Regierung ist UN-Generalsekretär Antonio Guterres ein rotes Tuch. Zu Unrecht, meint der Portugiese. Aber Völkerrecht und UN-Charta gälten auch im Nahostkonflikt. Für Europa sieht er eine große Rolle.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres wehrt sich gegen den Vorwurf, die Vereinten Nationen seien im Nahostkonflikt nicht neutral. “Wir sind nicht voreingenommen gegenüber Israel. Wir wenden das Völkerrecht, die Charta der Vereinten Nationen sowie deren Resolutionen an”, sagte Guterres der “Süddeutschen Zeitung” (Freitag). Er könne garantieren, dass sein Bereich, das Sekretariat der Vereinten Nationen, in jedem Konflikt völlig unparteiisch agiere: “Unparteilichkeit bedeutet jedoch nicht, dass wir nicht die Werte und Prinzipien verteidigen, die die Prinzipien der Charta sind.”
Israel habe das volle Recht auf Sicherheit, so Guterres weiter. Wer die Existenz des Staates Israel ablehne, zeige eine eindeutig antisemitische Haltung. “Aber wir müssen auch das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes anerkennen. Ich bin überzeugt, dass wir nur durch die Kombination dieser beiden Prinzipien endlich den lang ersehnten Frieden erreichen können.”
Die Vereinten Nationen setzten sich seit Langem für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten ein, hätten aber nicht die Macht, ihren Willen durchzusetzen. “Eines der Probleme unseres multilateralen Systems besteht darin, dass es keine Zähne hat. Und selbst dort, wo es einige hat, beispielsweise im Sicherheitsrat, hat es aufgrund bestehender Spaltungen nicht viel Biss”, so Guterres.
Die gegenwärtige Weltlage birgt aus Sicht des UN-Generalsekretärs eine “enorme Chance für Europa”. Ein starkes und geeintes Europa werde sogar mehr denn je gebraucht. Es könne die Grundlage für vernetzte Beziehungen in der ganzen Welt und ein entscheidender Faktor bei der Schaffung einer neuen multipolaren Welt sein. “Die Entscheidung zwischen Multipolarität und Chaos hängt maßgeblich davon ab, ob Europa sein Potenzial ausschöpft”, betonte Guterres.