Seit im Raum steht, dass der künftige US-Präsident Donald Trump nach Grönland greifen könnte, steht das riesige, zu Dänemark gehörende Territorium im Fokus der Öffentlichkeit. Das hat mitunter erstaunliche Folgen.
Für gewöhnlich elektrisieren Pressemitteilungen aus dem dänischen Königshaus nicht unbedingt die Weltpresse. Aber als König Frederik X. zu Jahresbeginn die Einführung eines neuen königlichen Wappens kundtat, wurde das durchaus aufmerksam registriert. Dies wiederum hat mit dem Eisbären zu tun, der im Vergleich zur Vorgängerversion von 1972 einen eigenen Platz im dritten Wappenfeld links unten erhält. Der Eisbär ist das Wappentier von Grönland – jener rohstoffreichen und strategisch wichtigen Region, die Donald Trump gerne den USA einverleiben würde.
Entsprechende Äußerungen des künftigen US-Präsidenten sorgen derzeit für Furore. Handelt es sich bei dem Schritt des dänischen Königshauses also um einen Wink mit dem diplomatischen Zaunpfahl? Ganz so einfach ist die Sache nicht, wie Experte Dieter Linder in einem Interview der “Süddeutschen Zeitung” (Wochenende) erläutert. Die Vorbereitung eines neuen Wappens erfordere einen gewissen Vorlauf, “das geht nicht von heute auf morgen”, gibt der Vorsitzende des Vereins “Der Wappen-Löwe” zu bedenken. “Allerdings hatte Trump ja schon in seiner ersten Amtszeit angeboten, Grönland zu kaufen, es kann also schon sein, dass die Änderung darauf gemünzt ist.”
Die Moral aus der Geschichte: Mit Tieren ist immer noch Staat zu machen – und wer sich auf Heraldik, die Disziplin der Wappenlehre versteht, blickt mit wachen Augen auf eine wundersame Welt von Farben und Symbolen. “Rot kann Revolution bedeuten, oder Blut, oder ein Symbol der Reichshoheit sein”, erläutert Linder. Unter den Tieren sei der Löwe “ein bisschen abgegriffen”. Mehr Einfallsreichtum bewies da schon der französische Monarch Ludwig XII. (1462-1515) mit der Wahl eines Stachelschweins. Großbritannien dagegen schlägt eine Brücke zwischen Mainstream und Spleen: mit einem Löwen und einem Einhorn als Schildhaltern.
Schon dieser kleine Streifzug zeigt: Die Bandbreite ist groß. Was auch damit zusammenhängt, dass die Herkunft vieler Wappen weit ins Mittelalter zurückreicht; im Fall des dänischen Königshauses bis mindestens 1194. Auch Städte schmücken sich gern mit Wappen, die dem Kenner manches über längst vergessene Zeiten verraten. Ein Beispiel ist Skofja Loka, das einstige Bischoflack in Slowenien. Der Ort trägt das Haupt eines bekrönten Afrikaners im Wappen.
Der Grund: Im Mittelalter gehörte die Kleinstadt zum weit verstreuten Besitz des Hochstifts Freising. Woher der “Freisinger Mohr” stammt, ist unbekannt. Mit ihm drückten die Freisinger Bischöfe jedenfalls seit dem späten 13. Jahrhundert ihre fürstliche Souveränität aus, wie der Landkreis Freising auf seiner Homepage festhält. “Der Mohr im Freisinger Hochstiftswappen und sein Nachfahre im Wappen des Landkreises Freising sind deshalb keine ‘rassistische Stereotype’, sondern ein Zeichen der Wertschätzung”, heißt es weiter.
Seit Karl August Graf von Reisach (1846-1856) führen alle Erzbischöfe von München und Freising die Darstellung im Wappen, auch der aktuelle Amtsinhaber Kardinal Reinhard Marx. Das Wappen des Erzbistums in der 2013 registrierten Version hat übrigens Dieter Linder mitgestaltet. Der Fachmann weiß: Immer wieder werden Wappen und ähnliche heraldische Zeichen überarbeitet oder angepasst.
Ein ganz aktuelles Beispiel sei die neue Flagge Syriens. “Da wurde der obere rote Streifen durch einen grünen ersetzt.” Beide Farben würden wie Weiß und Schwarz mit der panarabischen Bewegung identifiziert, die man in vielen Flaggen oder auch den Fahnen von Kalifen finde. “Grün ist die Farbe des Propheten, aber in diesem Fall ist sie auch die Symbolfarbe der Hoffnung.” Einen neuen Anstrich könnte nach Ansicht Linders auch das Wappen von Garching bei München vertragen, in dessen unterer Hälfte ein Atommeiler prangt. “Das war in den 1950er-Jahren zukunftsweisend, heute vielleicht nicht mehr so.”