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Gott will bei euch wohnen

Andacht über den Predigttext zur Christnacht: 2. Samuel 7,4-6.12-14a

rakchai - Fotolia

Predigttext
4 In der Nacht aber kam das Wort des Herrn zu Nathan: 5 Geh hin und sage zu meinem Knecht David: So spricht der Herr: Solltest du mir ein Haus bauen, dass ich darin wohne? 6 Habe ich doch in keinem Hause gewohnt seit dem Tag, da ich die Israeliten aus Ägypten führte, bis auf diesen Tag, sondern ich bin umhergezogen in einem Zelt als Wohnung. 12 Wenn nun deine Zeit um ist und du dich zu deinen Vätern legst, will ich dir einen Nachkommen erwecken, der von deinem Leibe kommen wird; dem will ich sein Königtum bestätigen. 13 Der soll meinem Namen ein Haus bauen, und ich will seinen Königsthron bestätigen ewiglich. 14 Ich will sein Vater sein, und er soll mein Sohn sein.

Jedes Jahr zu Weihnachten wird das Wohnzimmer geschmückt: Mit großem Tannenbaum und leuchtenden Sternen in den Fenstern, mit Engelchor und Engelorchester. Für mich gehört das dazu. Das warme Licht der Kerzen, die duftenden Plätzchenteller, bunt verpackte Geschenke: Wie verzaubert ist dieser Ort am Weihnachtsabend. Ein Haus für Gott? Der Versuch, ihn wenigstens ein bisschen näher zu holen und bei uns zu haben? Und wenn es nur für ein paar Stunden wäre? Doch kann das geschmückte Zimmer Gottes Geheimnis nicht fassen.

Irgendwann zieht es mich weg. Ich lasse mich locken von den Glocken, die spät am Abend zur Christmette rufen. Freue mich darauf, Menschen zu treffen, die mir außerhalb des engsten Familienkreises wichtig sind. Ich blicke in viele Gesichter und ahne darin manches Suchen, manches Sehnen. Manches Glück und manche Not. Sie alle haben sich aufgemacht, raus aus ihren Häusern ins Gotteshaus; raus aus der privaten Behaglichkeit der Weihnachtszimmer in den weiten Horizont der Freude, die allem Volk widerfahren soll, und des Friedens auf Erden.

„Lasset uns nun gehen und die Geschichte sehen, die da geschehen ist!“
Tausend Jahre vor jener Geschichte, die damals geschah, will David für Gott ein Haus bauen. Der König thront in seinem Zedernhaus zu Jerusalem und spürt den Kontrast zwischen Zedernholz und Zeltplane, zwischen eigenem Luxus und Gottes Obdachlosigkeit. Er will etwas tun für Gott. Will Gott beherbergen, ihn fest bei sich haben, Wand an Wand mit ihm wohnen: „… dass ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen.“ (EG 37,9). Eigentlich ist gegen dieses Herzensanliegen des Königs nichts einzuwenden. So sieht’s auch Nathan, Davids seelsorglicher Prophet: „Wohlan, alles, was in deinem Herzen ist, das tu, denn der Herr ist mit dir.“

Doch Gott will kein Haus für sich haben. Er hält sich nicht in heiligen Räumen verborgen. Der Gott Israels ist unterwegs. Als Mose ihn während der Flucht aus Ägypten, mitten in der Wüste, nach seinem Namen fragt, erhält er die Antwort: „Ich werde da sein – das ist mein Name.“ Israel hat auf dem Weg durch die Wüste erfahren, wie Gott diesem Namen treu bleibt: Ich werde da sein. Am Schilfmeer wurden sie bewahrt, als der Pharao den Flüchtenden ans Leben wollte. Gott blieb bei ihnen – auch auf Irrwegen und Umwegen und Sackgassen.

An diese Anfänge seines Mitgehens erinnert Gott den sesshaft gewordenen König. Daran, wie er schließlich den Hirtenjungen David von den Schafhürden bei Bethlehem holen ließ und ihn zum König machte.

Und dann dreht er Davids Hausbau-Pläne radikal um. Baut dem König seinerseits ein Haus. Nicht aus Stein. Nicht aus Zedernholz. Sondern ein lebendiges Haus. Ein Haus der Verheißung: „Ich bleibe dir und deiner Familie treu. Aus deinen Nachkommen wird der hervorgehen, der in Israel Herr sei.“
Gott steht zu seinem Namen: „Ich werde da sein.“

Unbehaust ist das Gotteskind der Heiligen Nacht, der Nachkomme Davids.
Doch die Verheißung Gottes gilt: „Ich will seinen Königsthron bestätigen ewiglich.“ Und die Engel singen dort, auf den Hirtenfeldern bei Bethlehem, nun für alle Völker: „Euch ist heute der Heiland geboren!“

Als das Kind von Bethlehem erwachsen war, hat es den Namen Gottes unter den Menschen gelebt: „Ich werde da sein“. Gerade den Menschen ohne Dach über ihrem Leben war Jesus nah. In seiner Nähe spürten die Menschen Gottes Nähe. Und bis heute beten sie mit ihm: „Dein Reich komme; dein Wille geschehe.“
Nein, Gott braucht kein Haus für sich.

Aber wir Menschen brauchen Gotteshäuser. Räume, die anders sind als unsere privaten Zimmer zu Hause. Wir brauchen Häuser, die uns und die Welt offenhalten für Gott. Damit wir gewiss bleiben: Er ist da. Auch mit uns unterwegs.
Vielleicht ist es das, was mich am Heiligen Abend irgendwann nicht mehr im weihnachtlich geschmückten Wohnzimmer hält.