Ein deutscher Journalist biegt sich in seinen Reportagen über Aufständische in Thailand die Welt zurecht, bis ein Fotograf auftaucht, der die Rebellen auch im Bild festhalten will.
Die Relotius-Affäre im Herbst 2018 um erfundene Reportagen aus aller Welt gab einem schon zuvor gärenden Unbehagen einen Namen. Wer vor den Enthüllungen rund um den presigekrönten Hamburger Journalisten “den Medien” misstraute, sah sich bestätigt. Das Schimpfwort “Relotius-Presse” war geboren.
Nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten 2016 hatte man den Journalismus noch zur letzten Brandmauer gegen die Barbarei erhoben; im Februar 2017 gab sich die “Washington Post” den etwas pathetischen Slogan “Democracy dies in Darkness” – im selben Jahr, in dem die Formulierung “Fake News” Einzug in den Duden fand.
Vielleicht ist es diese drohende Dunkelheit, die die Relotius-Chiffre Leo (Ilja Nikolai Stahl) in vielen Szenen von “Good News” umschließt. Immer wieder zeigt Regisseur Hannes Schilling den Journalisten in nächtlicher Einsamkeit, nur von seinem Smartphone erleuchtet. Zweifellos ein Gegenwartsbild: das umnachtete Individuum, dem nur noch ein handgroßes Fenster zur Welt zugestanden wird.
Leo ist in der südthailändischen Provinz Pattani und berichtet über eine Gruppe von Rebellen. Allzu detailliert erklärt der Film die politischen Umstände nicht, und so richtig scheint auch Leo das nicht zu erfassen. Obwohl er im regen Austausch mit Einheimischen wie dem offenherzigen Marwan (Sabree Matming) steht, kommt er den Aufständischen nicht näher. Das Geld wird knapp und die Familie in der Heimat ungeduldig. Deshalb beschließt er, die Fakten für seine Reportage ein wenig auszuschmücken.
Leos scheiternde Wahrheitssuche wird in einen künstlerischen Gestus überführt. Einfache, reduzierte Mittel beschreiben eine komplexe Situation. Das Kino hat eine lange Tradition, Journalisten als nüchterne Helden zu inszenieren -von “Die Unbestechlichen” bis “Spotlight”. “Good News” hingegen zeigt die Figur anders. Nicht als finsteren Lügenpresse-Verschwörer, sondern deutlich komplexer, näher am Durchschnittsbürger, der im gleichen Maße überfordert, menschlich und egoistisch wie die meisten ist.
Aus Selfies lässt sich schwer ein Gesamtbild konstruieren. In Ermangelung von großen und vor allem klaren Bildern, die den Konflikt greifbar machen, zeigt die Kamera oft einfach nur Leo. Ilja Nikolai Stahl spielt ihn als Kumpeltypen und schlabbrigen Karrieristen. Er hat Preise gewonnen, aber das ist schon ein paar Jahre her. Ein Wohlstands-Hippie und verhinderter Weltenretter, bei dem die Schnittmenge von “gut gemeint” und “gut gemacht” geringer ausfällt als erhofft.
Marwan soll Leo den Weg zu den Rebellen ebnen, dafür will dieser ihm angeblich zu einem neuen Leben in Deutschland verhelfen. In den Dialogen erkennt man schnell, wie illusorisch dieses Versprechen ist. Leo ist es gewohnt, Menschen zu benutzen. Für ihn ist auch das fremde Land im Grund nur eine Verfügungsmasse, die in seinen Geschichten stärker deformiert wird, als er wohl zugeben würde.
Die Bilder von “Good News” sind schwarz-weiß gehalten, und die Aufnahmen, die nicht den Protagonisten zeigen, wirken wie aus einem gehobenen Reportagemagazin: Märkte und Hütten, Kopftücher und Straßenverkehr. Doch die meisten Szenen werden von Handkameras festgehalten, und so geraten die Glanzbilder ins Zittern und Schlingern. Noch das Dokumentierte ist unsicher und persönlich eingefärbt. Hier zweifeln die Bilder für die Menschen mit.
Nach den ersten erfolgreichen Fälschungen wird Leo der Fotograf Julian (Dennis Scheuermann) an die Seite gestellt. Er soll die Rebellen fotografieren, und zwar möglichst bald. Der Autor gerät so immer weiter unter Druck. Schon nach kurzer Zeit versucht er verzweifelt, die von ihm behauptete Wirklichkeit jenseits seiner Textdatei zu manifestieren – mit zunehmend grotesken Resultaten.