Schafft er es oder schafft er es nicht, sich von der Lungenentzündung zu erholen? Zocker rund um den Globus schließen sich für Papst-Wetten auf der Plattform Polymarket zusammen. Doch einige haben Gewissensbisse.
Millionen Menschen in aller Welt verfolgen seit Wochen gebannt die täglichen Nachrichten zum Gesundheitszustand des Papstes; manche aus recht speziellen Motiven: Kirchenaffine Spielernaturen wollen mit dem unklaren Schicksal von Franziskus Geld verdienen. Als bevorzugte Plattform dient ihnen der aufstrebende Online-Prognosemarkt Polymarket mit Sitz in New York.
Dort werden Meinungen rund um die Uhr gehandelt, wie Aktien. Das Ende des Ukraine-Kriegs, die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA, die Existenz von Aliens oder eben der Papst, alles und jeder kann in den Fokus der Zocker geraten. Mitunter ergeben sich so durch Schwarmintelligenz – gepaart mit finanziellem Anreiz – erstaunlich präzise Vorhersagen, zum Beispiel bei der jüngsten US-Wahl.
Angeboten werden ausschließlich binäre Wetten mit festem Ablaufdatum. Das heißt, die jeweilige Prognose tritt innerhalb eines bestimmten Zeitraums ein – oder nicht. Im Falle des Papstes, der seit 14. Februar wegen einer schweren Lungenentzündung in der römischen Gemelli-Klinik behandelt wird, lautet die Fragestellung: “New Pope in 2025?” Gesetzt werden kann auf “Yes” oder “No”.
Entscheidend ist, ob bis zum 31. Dezember um 23.59 Uhr der Name eines neuen Pontifex verkündet wird. Dafür, darüber schweigt das Reglement geflissentlich, müsste Franziskus vorher sterben oder zurücktreten. “Wichtigste Quelle für die Auflösung ist die offizielle Verlautbarung der katholischen Kirche”, heißt es in den Konditionen der Wette, die seit 20. Februar online ist. Mittlerweile ist sie prominent auf der Polymarket-Startseite platziert – das aktuelle Volumen beträgt rund eine Million US-Dollar. “Top Holder” ist ein User mit einer Position im Wert von rund 35.000 Dollar.
Was den Meinungsmarktplatz von herkömmlichen Anbietern unterscheidet, ist die dezentrale Steuerung mithilfe der Blockchain-Technologie. Die Nutzer entscheiden selbst, welche Wetten ins Programm genommen werden. Das anteilsbasierte System mit öffentlich einsehbarem Orderbuch erinnert an die Funktionsweise von Finanzmärkten. Wer etwa an diesem Donnerstagmorgen (13.03.) darauf gesetzt hat, dass Franziskus das Jahr 2025 im Amt übersteht, musste für eine entsprechende Aktie 60 Cent zahlen. Behält man recht, steigt der Wert auf einen Dollar (100 Prozent). Geht die Wette verloren, verfällt die Aktie wertlos.
Der Chart bildet eindrucksvoll das gesundheitliche Auf und Ab des Papstes in den vergangenen Wochen ab. Als sich der 88-Jährige nach Atemnot und Bluttransfusion Ende Februar in akuter Lebensgefahr befand, betrug die Wahrscheinlichkeit für einen Wechsel an der Kirchenspitze laut Polymarket 84 Prozent. Inzwischen liegt der Wert nur noch bei 41 Prozent – nach Angaben der behandelnden Ärzte ist der Zustand von Franziskus nicht mehr lebensbedrohlich.
Jene, die auf ihn gesetzt haben, wähnen sich auf der Siegerstraße. “Wettet nicht gegen Franky, er hat Lungen aus Stahl!”, schreibt ein euphorischer User in der Kommentarspalte. Ein anderer bleibt skeptisch: “Niemals schafft er es bis zum Sommer.”
Es gibt allerdings auch kritische Spieler, die solch eine Papst-Wette für moralisch verwerflich halten. “Fühlt Ihr Euch nicht schlecht, wenn Ihr auf so etwas setzt? Wenn Ihr Yes-Anteile haltet, hofft Ihr doch im Grunde, dass er stirbt”, gibt jemand zu bedenken. Ein anderer antwortet: “Ja, stimmt. Ich würde eigentlich auf einen neuen Papst wetten, wenn es kein moralisches Problem gäbe. Ich will aber nicht darauf hoffen, dass der jetzige stirbt.”
Ein Nutzer wendet sich mit harschen Worten an die Katholiken auf Polymarket: “Wie könnt Ihr es wagen, Euch an einer solchen Wette zu beteiligen. Der Papst wird Euch exkommunizieren!” Völlig aus der Luft gegriffen ist dies nicht. Weil Klerus und Laien in Rom schon vor Jahrhunderten routinemäßig hohe Summen auf die Wahl oder den Tod von Päpsten setzten, versuchte Papst Gregor XIV. dem Treiben ein Ende zu setzen. Zu sehr störte ihn die Wettversessenheit, die seinerzeit immer wieder grassierte. In seiner Bulle “Cogit nos” von 1591 verbot er jegliches Wetten auf das Pontifikat und die Besetzung von Kirchenämtern. Bei Zuwiderhandlung drohte die Exkommunikation – also der Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft.
Gänzlich verboten ist das Wetten für Katholiken indes nicht. So heißt es im Katechismus der Kirche: “Glücksspiele (wie Kartenspiele) oder Wetten verstoßen an und für sich nicht gegen die Gerechtigkeit. Sie werden jedoch dann sittlich unzulässig, wenn sie jemand um das bringen, was er zu seinem und anderer Menschen Lebensunterhalt braucht.”