Das Landgericht Köln hat die Klage einer früheren Pflegetochter eines bereits verurteilten Priesters, die vom Erzbistum Schadensersatz verlangte, abgewiesen. Die Ansprüche, die die heute erwachsene Frau gegen das Erzbistum Köln wegen einer Vielzahl sexueller Missbrauchstaten des ehemaligen Priesters des Erzbistums erhoben hatte, seien unbegründet, urteilte das Gericht am Dienstag. (AZ: 5 O 220/23) Eine Haftung des beklagten Erzbistums unter sogenannten Amtshaftungsgrundsätzen scheide nach Auffassung der Kammer ebenso aus wie eine Haftung wegen unterlassener Sorgfalts- und Fürsorgepflichten.
Das am Dienstag verkündete Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Über eine Berufung würde das Oberlandesgericht Köln entscheiden.
Die einstige Pflegetochter verlangte vom beklagten Erzbistum Köln ein Schmerzensgeld in Höhe von 830.000 Euro sowie eine Verpflichtung zum Ersatz zukünftiger materieller Schäden, wie das Landgericht erläuterte. Die Klägerin stütze diesen Anspruch auf eine Vielzahl von sexuellen Missbrauchstaten eines ehemaligen Priesters des Erzbistums in den 70er- und 80er Jahren. Die Klägerin hatte in diesem Zeitraum auch als Pflegekind bei diesem Priester gelebt.
Die Klägerin sei der Ansicht, dass ihr wegen dieser Taten gegenüber dem Erzbistum Köln sogenannte Amtshaftungsansprüche zustehen würden, da die Missbrauchstaten seitens des ehemaligen Priesters in Ausübung eines kirchlichen Amtes erfolgt seien. Auch habe das Erzbistum aus Sicht der ehemaligen Pflegetochter Aufsichts- beziehungsweise Schutzpflichten ihr gegenüber verletzt, erläuterte das Gericht.
Dieser Argumentation ist die fünfte Zivilkammer des Landgerichts Köln nicht gefolgt. In Bezug auf die Fälle sexuellen Missbrauchs durch kirchliche Amtsträger habe sich zwar die juristische Auffassung gebildet, dass die kirchlichen Körperschaften für die Folgen derartiger Taten haften können, erklärte das Gericht. Voraussetzung für eine Haftung sei allerdings, dass die Tat in Ausübung eines öffentlichen Amtes begangen wurde. Das Gericht ordnet die betreffenden Missbrauchstaten des einstigen Priesters an der damals minderjährigen Klägerin vielmehr in dessen Privatbereich ein.
Der erforderliche Zusammenhang zwischen den Missbrauchstaten und dem kirchlichen Amt des Täters sei allerdings nicht gegeben, heißt es. Vielmehr bestehe die Besonderheit, dass die Klägerin dem ehemaligen Priester als Pflegekind anvertraut gewesen sei. Die Sorge für ein Pflegekind sei dabei durch einen staatlichen Akt begründet worden. Ein Zusammenhang zur kirchlichen Tätigkeit scheide aus Sicht der Kammer bereits deshalb aus.
Eine kirchliche Tätigkeit wird nach Auffassung des Gerichts auch nicht dadurch begründet, dass das beklagte Erzbistum zu der Aufnahme eines Pflegekindes seine Zustimmung erteilt hat. Nicht jede Tätigkeit eines kirchlichen Amtsträgers stelle zugleich die Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne der Haftungsnorm dar, auch wenn dies in Widerspruch zum theologischen Verständnis von einem Priesteramt steht.
Auch eine Haftung des beklagten Erzbistums wegen einer mangelnden Überwachung des Täters lehnte das Gericht ab. Die Vernehmung von Zeugen und die Anhörung der Klägerin hätten nicht ergeben, dass organschaftliche Vertreter oder andere Bedienstete des beklagten Erzbistums Köln Anhaltspunkte dafür gehabt hätten, dass die Klägerin sexuell missbraucht wurde, erklärte das Gericht.