Auch strengreligiöse jüdische Männer (Haredim) müssen zum Wehrdienst in die israelische Armee eingezogen werden. Zu diesem Urteil kam das oberste israelische Gericht einstimmig, wie israelische Medien berichteten. Es gebe für die Regierung keine rechtliche Grundlage mehr, geeignete ultraorthodoxe Religionsstudenten generell vom Wehrdienst zu befreien.
Last der Ungleichheit wächst
“Inmitten eines zermürbenden Krieges ist die Last der Ungleichheit härter denn je und verlangt nach einer Lösung”, zitiert die Zeitung “Haaretz” den amtierenden Gerichtspräsidenten Uzi Vogelmann. Das Gericht urteilte weiter, dass die Regierung Religionsschulen (Jeschiwas) nicht länger finanziell unterstützen darf, wenn deren Schüler sich nicht zum Militärdienst melden. Keine Vorgaben machte das Gericht demnach, wie viele Haredim in die Armee eingezogen werden müssen.
Die “Bewegung für Regierungsqualität in Israel”, die vor Gericht eine gleichberechtigte Rekrutierung gefordert hatte, begrüßte das Urteil in einer Stellungnahme als “historischen Sieg” auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Gesellschaft. Sie fordert unverzügliche Maßnahmen zum Einzug von Jeschiwa-Studenten. Laut Bericht der Zeitung “Times of Israel” gelten rund 67.000 Haredim als wehrdienstfähig. Jährlich meldeten sich aber nur rund 700 davon zum Dienst, berichtete “Haaretz” unter Berufung auf aktuelle Zahlen der Armee.
Ausnahmeregelung sorgt für Unmut in der Bevölkerung
Ultraorthodoxe Männer sind seit der Staatsgründung Israels für das Studium der religiösen Schriften von der allgemeinen Wehrpflicht de facto befreit, was von der nicht-ultraorthodoxen Bevölkerung zunehmend infrage gestellt wird. Der seit mehr als acht Monaten andauernde Krieg im Gazastreifen und der Einzug tausender Reservisten hat den Unmut über die Ausnahmeregelung weiter verschärft, die bereits vor Jahren vom obersten Gericht des Landes als verfassungswidrig erklärt wurde.
Am Streit um die Wehrpflicht von Haredim war Ende 2018 die damalige Regierungskoalition zerbrochen. Es folgten zwischen April 2019 und November 2022 fünf vorgezogene Parlamentswahlen, an deren Ende im Dezember 2022 die rechteste Regierung in der Geschichte des Landes vereidigt wurde, zu der erstmals auch rechtsextreme Kräfte gehören.