Für die Kirchengemeinde Ledeburg-Stöcken war es ein Schock, als ihr Ende 2021 klar wurde, dass sie für unabsehbare Zeit ohne Kirche auskommen musste. „Da hatte sich unser Neubauvorhaben wegen einer enormen Kostensteigerung zerschlagen“, sagt Pastorin Annette Charbonnier. Die Corvinus-Kirche war bereits abgerissen und die Bodelschwinghkirche verkauft. Die Sorge war groß, ob eine Gemeinde ohne Raum funktionieren kann.
Im Rückblick denkt die 58-jährige Pastorin mit gemischten Gefühlen an das Experiment zurück. „Wir sind rausgegangen und haben viel ausprobiert. Da waren viele schöne Erfahrungen.“ Die Gemeinde habe Gottesdienste auf dem Stöckener Marktplatz und im Stadtteilzentruum, in Schulen und Parks gefeiert. Viele Leute seien neugierig geworden, hätten die Gemeinde gelobt. Es seien viele Kontakte entstanden. Außerdem hätten sich viele Gemeindemitglieder engagiert.
Neues ausprobieren ist belebend, aber auf Dauer ermüdend
Doch es sei nicht alles gut gewesen, betont Charbonnier. „Ohne sichtbaren Kirchenbau fragten sich viele, ob es die Gemeinde noch gibt.“ Zudem hätten die wechselnden Orte einen hohen logistischen Aufwand erfordert und das Gemeindeleben erschwert. „Es ist belebend, Dinge anders zu machen. Aber es ist auch aufwändig und ermüdend“, bilanziert Charbonnier.
Umso größer hätte dann eigentlich die Freude über die neu entstandene Emmaus-Gemeinde sein müssen, zu der sich Anfang des Jahres die Gemeinden Ledeburg-Stöcken und Herrenhausen-Leinhausen zusammengeschlossen haben. „Es ist schon gut, wieder einen festen Kirchenraum zu haben“, freut sich denn auch die Kirchenvorsteherin Esther Tobschall. Doch andere wie die Kirchenvorsteherin Stefanie Mönkeberg sorgen sich, wie die Fusion auf Augenhöhe umgesetzt werden könne. „Es darf nicht nur eine Art Anschluss geben.“
Gemeinde hat neuen Blick auf ihr Angebot gelernt
Denn mit den vorhanden Räumen seien bestimmte Traditionen verknüpft, beschreibt Charbonnier die Herausforderung und zieht einen Vergleich heran. „Wenn ein Paar zusammenzieht, dann meist in die Wohnung des einen.“ Das sorge allerdings für Konflikte und Diskussionsbedarf – auch in der Gemeinde. „Wir sind Gottesdienste mit modernen Liedern ohne gesungene Liturgie gewohnt – anders würde es draußen nicht funktionieren“, erklärt Charbonnier. Doch es sei schwer, dieses Erbe mit den eher traditionellen Gottesdiensten in der Herrenhäuser Kirche zusammenzubringen.