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Gefährliches Säbelrasseln

Hochrangige Kirchenvertreter warnen US-Regierung eindringlich vor einer militärischen Lösung des Konflikts. Christliche Minderheit im Norden der Halbinsel in großer Sorge

GENF/HANNOVER/SEOUL/WASHINGTON – Südkoreas Christen haben an Präsident Moon Jae-In appelliert, einen Dialog mit Nordkorea zu suchen. Die eskalierende Krise um Nordkoreas Atomwaffenprogramm müsse auf diplo­matischem Weg entschärft werden, heißt es in einem in Seoul veröffentlichten Brief des Nationalen Kirchenrates von Südkorea. Unter den Menschen auf der Halbinsel breite sich die Angst vor einem Krieg aus, hieß es. Das Leben vieler Männer, Frauen und Kinder dürfe nicht durch Provokationen aus den USA und Nordkorea gefährdet werden.
Hochrangige Kirchenvertreter in den USA und Deutschland warnen die US-Regierung eindringlich vor einer militärischen Lösung des Konflikts mit Nordkorea. Die „hohe Gewissheit einer Katastrophe mit Tod und Zerstörung bei jedweder militärischen Aktion“ müsse die USA veranlassen, eine politische Lösung zu suchen, forderte US-Bischof Oscar Cantu in einem Brief an US-Außenminister Rex Tillerson, wie die Presseagentur Catholic News Service (berichtete. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ruft andere Staaten zur Vermittlung auf, um eine weitere Eskalation des Konflikts zu vermeiden. Die derzeitige Rhetorik sei „besorgniserregend“, sagte der EKD-Friedensbeauftragte Renke Brahms. Der Konflikt gehe zwar von der nordkoreanischen Führung aus. Darauf mit „martialischen Bildern“ von „Zorn“ und „Feuer“ zu reagieren treibe ihn aber in eine Eigendynamik, die schwer zurückzuholen sei.
Die eskalierenden politischen Spannungen erfüllen auch die christliche Minderheit in Nordkorea mit großer Sorge. Die Angst vor einem amerikanischen Angriff sei groß, sagte der ehemalige Ostasienreferent der Evangelischen Mission in Solidarität, Lutz Drescher. Dahinter steckten Erinnerungen an die massiven Bombardierungen des nördlichen Landesteils im Koreakrieg (1950-1953).
Die rund 12 000 Christen im kommunistisch regierten Nordkorea stünden von zwei Seiten unter Druck, erläuterte Drescher: Als kleine Minderheit unter 25 Millionen Einwohnern müssten sie sich im eigenen Land rechtfertigen, warum sie einer „westlichen Religion“ angehörten. Von westlicher und südkoreanischer Seite werde ihnen wiederum vorgeworfen, sich nicht genug dem nordkoreanischen Regime zu widersetzen.
Die Christen selbst wünschten sich, dass Nordkorea nicht nur in Schwarz-Weiß-Farben wahrgenommen, sondern differenzierter betrachtet werde, sagte Drescher. Der Ostasien-Experte engagiert sich im ökumenischen Forum für Korea und trifft regelmäßig nordkoreanische Christen.
Der Weltkirchenrat in Genf betonte unterdessen die Rolle der Kirchen im geteilten Korea beim Abbau von Spannungen. Der Christenbund in Nordkorea und der Nationale Kirchenrat von Südkorea unterhielten trotz der Krise einen engen Kontakt. „Dieser Kommunikationskanal ist einzigartig“, betonte der internationale Direktor beim Weltkirchenrat, Peter Prove.
Prove glaubt, dass die Krise keine Auswirkungen auf die Christen im diktatorisch regierten Nordkorea habe. „Die Spannungen werden die Lage der Christen weder verbessern noch verschlechtern“, sagte er. Prove und andere Funktionäre des Weltkirchenrats reisten in den vergangenen Jahren mehrmals nach Nord- und Südkorea, um sich für einen friedlichen Dialog zwischen den verfeindeten Staaten auf der Halbinsel starkzumachen.
Nordkorea gilt als eines der Länder mit der stärksten Christenverfolgung weltweit. Beobachter gehen davon aus, dass es im Untergrund weitaus mehr Christen gibt, als offiziell angegeben. In Südkorea leben heute etwa neun Millionen Protestanten und fünf Millionen Katholiken, etwa ein Drittel der Bevölkerung gehört einer Kirche an. epd/KNA/UK