Artikel teilen:

Geburtenrate sinkt: Frauen sind keine Gebärmaschinen!

Für Statistiker ist die Lösung einfach: Setzt mehr Kinder in die Welt, und alles wird gut. Doch das will gut überlegt sein. Und: Kinder zu bekommen bleibt eine private Entscheidung.

Einer Statistik zufolge werden Frauen in der EU immer älter, wenn sie ihr erstes Kind bekommen
Einer Statistik zufolge werden Frauen in der EU immer älter, wenn sie ihr erstes Kind bekommenImago / Cavan Images

Kinder in die Welt zu setzen, ist in erster Linie eine private Entscheidung. Eine, die in Anbetracht von Lebensumständen, aber auch der gesamtgesellschaftlichen Lage – Kriege, Krisen, Klimawandel – gut überlegt sein will. Bei Forscher Martin Bujard vom Bundesinstitut für Bevölkerungforschung klingt das anders. Angesichts der Geburtenrate von 2023 (unter 700 000), der niedrigsten seit 2013, sagt er: „Es ist wichtig, dass die Geburtenrate wieder ansteigt.“ Klingt nach: Reproduktion zur Absicherung des Rentensystems und zur Generierung von Arbeitskräften.

Diese Versachlichung einer sehr persönlichen Lebensentscheidung mag aus seiner Sicht sinnvoll sein, aus ökonomischer Sicht ist sie nachvollziehbar. Aus persönlicher Sicht finde ich sie absolut empörend. Niemand schreibt mir vor, ob ich Kinder bekomme.

Kinder bekommen ist mehr als reine Statistik

Bujard klingt, als ginge es um so etwas wie Konsumverhalten oder den Stromverbrauch. Da muss sich was ändern. Wir müssen sparsamer sein. Ein Kind, eine Familie ist aber kein Paar Schuhe und auch keine Energiesparlampe. Es ist ein Lebensentwurf, eine Entscheidung, die Frauen nicht leichtfertig treffen (sollten).

„Es ist wichtig, dass die Geburtenrate wieder steigt.“ Gemeint ist doch: Es ist wichtig, dass Frauen wieder mehr Kinder bekommen. Statt Frauen zu sagen, sie sollten mehr Kinder kriegen, sollte unsere Gesellschaft daran arbeiten sich zu wandeln. Und zwar so, dass Frauen gern Kinder kriegen. Weil sie keine Nachteile davon haben, weil wir daran arbeiten, die Welt sicherer und lebenswerter zu machen.

Mit oder ohne Kind: Frauen müssen sich nicht rechtfertigen

Das Wichtigste ist aber, dass Frauen nicht mehr verurteilt werden: weder dafür, dass sie Kinder bekommen, noch dafür, dass sie keine bekommen. Frauen sollten sich nicht dafür rechtfertigen müssen, welches Leben sie wählen. Bei Männern machen wir das schließlich auch nicht.

Die Wirtschaftslage mag mies sein, das Rentensystem droht zu kollabieren, der Generationenvertrag steht auf der Kippe – wir brauchen Lösungen, keine Frage. Aber der Druck darf dabei nicht allein auf den Frauen und ihren ungeborenen Kindern liegen.