Durchatmen und raus aus der negativen Gedankenspirale: Der ehemalige Kampfsportler und mentale Trainer Yasin Seiwasser macht Fußballer fürs Toreschießen fit. Helfen seine Tipps auch im Alltag?
Für den Erfolg von Profisportlern ist nach Einschätzung von Fußball-Mentalcoach Yasin Seiwasser auch ihre geistige Kraft entscheidend. “Druck machen vor allem die eigenen Gedanken”, sagte Seiwasser, der etwa Spieler von Werder Bremen mental trainiert, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. “Wer etwa beim Elfmeterschießen nicht trifft, über den wird nachher die Öffentlichkeit sagen, dass das Spiel wegen ihm verloren wurde.” Die Menschen vergäßen das aber nach ein paar Tagen. “Entscheidend ist hier, dass der Spieler selbst den Gedanken schnell loslässt.”
Seiwasser plädierte grundsätzlich für mehr mentale Hygenie, auch bei Nichtsportlern. “Wir müssen lernen, unsere Gedanken zu pflegen.” Viele Menschen befänden sich in einer Negativspirale, meckerten ständig und könnten die Ruhe des Augenblicks, etwa den Kaffee in der Mittagspause, nicht genießen. Viele funktionierten wie Roboter, absolvierten die Anforderungen des Alltags nur noch mechanisch.
“Wir dürfen uns nicht von den Zweifeln, Sorgen und Ängsten des Alltags bestimmen lassen. Man kann sich selbst zum Champion denken oder sich selbst ins Grab denken”, so der 48-Jährige, der jetzt das Buch “Mental Shower” geschrieben hat. Durch mentale Stärke könne man “viel mehr rausholen als anfangs gedacht.” Als er bei den Fußballern von Werder Bremen etwa vor zwei Jahren mit der mentalen “Gym”, wie er sagt, angefangen habe, hätten manche gedacht: “Was redet der da?” Danach hätten sich aber viele auf ihn und ein neues “Mindset” eingelassen.
Dies müsse man täglich trainieren, so der ehemalige Kampfsportler und Zen-Lehrmeister, der selbst täglich meditiert. “Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Das ist in allen Religionen bekannt.” Genauso wie auf die Ernährung des Körpers müsse man auch auf die Ernährung von Seele und Geist achten. “Der Geist lenkt den Körper. Das ist entscheidend. Wenn ich mich ständig mit einem Problem befasse, lasse ich es größer und größer werden. Das machen viele Menschen falsch. Es sollte nur das größer werden, was wir wünschen.”
Bei allen täglichen Ablenkungen dürfe man nicht aus dem Blick verlieren, was das Wichtigste im Leben sei. “Man muss nach innen schauen und sich fragen, was einen glücklich macht”, sagte Seiwasser, der als Kind im Südosten der Türkei einen Bürgerkrieg erlebt hat. Bei der Besinnung auf das Wesentliche des eigenen Lebens könnten auch Atemübungen und digitale Auszeiten helfen.