Der neue Chef der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) sieht den Kompromiss bei der EU-Asylreform als einen großen Schritt vorwärts. Allerdings müsse das Papier nun erst mal Praxis und auch Gesetz werden, sagte der niederländische Polizeigeneral Hans Leijtens im Interview der Süddeutschen Zeitung. Ziel sei, in einem viel schnelleren Verfahren über die Anträge von 30.000 bis 40.000 Flüchtlingen zu entscheiden. “Das muss man erst mal schaffen. Das bedeutet eine Menge Aufwand”, so der Frontex-Leiter. In Deutschland wird der EU-Kompromiss wegen seiner strengen Haltung kritisiert.
Zu seinen Zielen als Frontex-Chef sagte Leitjens, neben operativen Zielen gelte es auch, den Umgang mit Migranten verändern. “Zu tun, was das Gesetz fordert, ist nicht genug. Wir müssen immer daran denken, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die sich in einer verzweifelten Lage befinden und oft gezwungen sind, ihre Heimat und ihre Familien zu verlassen”, so der Niederländer.
Neue humanitäre Standards
Er räumte ein, dies müsste zwar in einer EU-Agentur längst Standard sein. Aber Frontex sei erst seit vier Jahren eine Strafverfolgungsbehörde mit exekutiven Aufgaben. “Dass wir noch am Anfang sind, ist keine Entschuldigung, aber eine Erklärung”, sagte Leitjens. Unter seinem Vorgänger Fabrice Leggeri war Frontex in den Verdacht geraten, illegale Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen seiner Offiziere zu vertuschen.
Leitjens kündigte an, auch intern deutlich humanitäre Standards einzufordern, Verstöße hart zu ahnden und offiziell mitzuteilen. Es gebe bereits ein Dashboard für das EU-Parlament, um offenzulegen, “welches Land von Missständen betroffen ist, um welche Operation es sich handelt, ob an Land oder zur See”. Es gelte, der Welt zu zeigen: “Wir haben nichts zu verstecken.”