Aktivisten fordern Koalitionäre: Die künftige Bundesregierung solle die Eigenständigkeit der Palästinenser und Entscheidungen internationaler Gerichte anerkennen. Letzteres hätte konkrete Konsequenzen.
Die künftige Bundesregierung soll sich aus Sicht der katholischen Friedensbewegung Pax Christi zu einer stärkeren Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung verpflichten. “Verankern Sie im Koalitionsvertrag explizit die Anerkennung des Rechts auf kollektive Selbstbestimmung, und zwar nicht nur für Jüd:innen, sondern auch für die Palästinenser:innen”, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Offenen Brief von Pax Christi und anderen Organisationen an CDU/CSU und SPD zum Beginn der Koalitionsverhandlungen. Versuchen, dieses Selbstbestimmungsrecht auszuhebeln, müsse die Bundesregierung entgegentreten.
Ebenso müsse die neue Bundesregierung das Gutachten des Internationalen Gerichtshof vom vergangenen Juli, wonach die israelische Besetzung der palästinensischen Gebiete völkerrechtswidrig sei, respektieren. Generell sollen sich Union und SPD im Koalitionsvertrag dazu verpflichten, Entscheidungen, Urteile und Haftbefehle des Internationalen Gerichtshofs und des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) vollständig umzusetzen.
Der IStGH hatte Ende vergangenen Jahres mehrere Haftbefehle gegen Mitglieder der israelischen Regierung erlassen, darunter auch gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Die Juristen in Den Haag ermitteln wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gazastreifen. Solange der Haftbefehl gilt, wäre Deutschland damit als IStGH-Vertragsstaat verpflichtet, Netanjahu zu verhaften und an das Gericht zu überstellen, sobald dieser deutschen Boden betritt.
Ferner fordern die Unterzeichner, dass sich die künftige Bundesregierung zur Unterstützung des UN-Hilfswerks für Palästinenser (UNRWA) bekennt. Es steht seit Beginn des aktuellen Konfliktes immer wieder in der Kritik. Israels Regierung wirft UNRWA-Mitarbeitern vor, am Angriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen zu sein. Die Tätigkeit auf israelischem Gebiet ist dem Hilfswerk inzwischen untersagt.
Dem Kurs Israels müsse sich die Bundesregierung mit einem klaren Bekenntnis zu UNRWA entgegenstellen, heißt es dazu im Offenen Brief. “Die Arbeit der UNRWA in Palästina, im Libanon, in Jordanien und in Syrien ist unverzichtbar.” Auch andere Organisationen auf israelischer und palästinensischer Seite, die sich für Menschenrechte und Frieden in der Region einsetzten, müssten unterstützt und vor Einschränkungen durch die israelische Regierung oder die palästinensischen Behörden geschützt werden.