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Freilichtmuseum Molfsee macht Geschichte lebendig

„Ich habe keine Zeit zum reden“, sagt Dorothea Mangelsen und blickt nur kurz von den Kartoffeln auf, die sie schält. Dorothea Mangelsen ist ein Dienstmädchen, das vor mehr als 100 Jahren in Schleswig-Holstein gelebt haben könnte. In einer Projektion, die im alten „Haus Schmielau“ mit einem wetterfesten Beamer auf eine Wand geworden wird, erzählt sie lebensgroß ihre Geschichte.

Es sind elf Einblicke in früheres Leben, die im Freiluftmuseum Molfsee bei Kiel jetzt in den historischen Gebäuden gezeigt werden. Museumsdirektorin Kerstin Poehls, Staatssekretär Guido Wendt und Thorsten Sadowsky aus dem Vorstand der Landesmuseen Schleswig-Holstein haben am Mittwoch in Molfsee das neue museumspädagogische Angebot „Licht.Gestalten – Freilichtmuseum neu erzählt“ vorgestellt.

„Wir leben heute in einer Welt, in der die Hälfte der Menschen in Städten lebt. Dabei ist es wichtig, zu wissen, wo wir herkommen“, sagte Sadowsky. So sei das neue Angebot auch ein Mittel gegen die Romantisierung „der guten alten Zeit“. Denn diese war, das zeigt nicht nur Dorothea Mangelsen, hart. Sie musste täglich von früh bis spät schwer arbeiten. Nur sonntags ging sie in „de Kerk“.

„Wir sind davon überzeugt, dass Museen Orte für Geschichten sind“, sagte Kerstin Poehls. „Sie sollen an Ausstellungsstücken und Artefakten andocken.“ Auch seien Museen Orte für Spekulationen. „Die Gäste sollen sich fragen: Was hat das mit mir zu tun?“

„Licht.Gestalten“ ist unter Projektleitung von Christiane Sachs in Kooperation mit dem Schleswig-Holsteinischen Landestheater entstanden. Mitglieder seines Ensembles sind in die historischen Rollen geschlüpft, die jetzt als Projektionen zu sehen sind, hieß es. Die Geschichten stammen vom Autor Peter Schanz.

Auch die mehrjährigen Sanierungen sind zum 60. Museumsgeburtstag abgeschlossen. Wege und 28 historische Häuser wurden saniert. „Wir arbeiten an den Barrieren und machen sie kleiner. Dafür mussten wir viele Sonderlösungen finden“, sagte Kerstin Poehls in Bezug auf die historischen Häuser mit ihren alten hölzernen Schwellen oder Backsteinzugängen.

Leicht zugänglich sind auch die Lebensgeschichten: Alle Projektionen verfügen über englischen und dänischen Untertitel sowie eine Übersetzung in Gebärdensprache.

Insgesamt standen für die Sanierung des Freigeländes und seiner historischen Gebäude nach Angaben der Landesmuseen rund 5,9 Millionen Euro zur Verfügung. Finanziert wurden sie von Bund, Land und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung ländlicher Räume (ELER). Die Saison im Freilichtmuseum Molfsee startet am 15. April.

Die Geschichten seien auch mit einem „Hauch von Augenzwinkern“ entstanden, sagt Sadowsky. Über Dorothea Mangelsen wird erzählt, dass sie nach Amerika ausgewandert sei. Dort habe sie den weltweit ersten Fischbrötchen-Deli eröffnet.