SOEST – Die Evangelische Frauenhilfe in Westfalen hat die geplante Reform des Sexualstrafrechts als unzureichend kritisiert. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung wäre mit dem Regierungsentwurf „auch weiterhin nicht an sich geschützt“, heißt es in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und alle Bundestagsabgeordneten, den die westfälische Frauenhilfe mit unterzeichnet hat. Darin ruft der Deutsche Frauenrat als Initiatorin des Briefes die Politik zu „einer großen Koalition für ein ,Nein heißt Nein‘“ auf.
Die Reform bezieht sich auf die Paragrafen 177 und 179 des Strafgesetzbuches (Sexuelle Nötigung beziehungsweise Vergewaltigung und Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen). Laut Regierungsentwurf soll sich künftig auch strafbar machen, „wer die Unfähigkeit eines Opfers zum Widerstand ausnutzt oder überraschend sexuelle Handlungen an einem Opfer vornimmt“.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung und schließe einige Schutzlücken, erklärte der Frauenrat. Er vollziehe aber „keinen grundlegenden Paradigmenwechsel“. Übergriffe könnten weiter straffrei bleiben, auch wenn sexuelle Handlungen gegen den Willen des Opfers geschähen, heißt es. Bei der Beurteilung der Strafbarkeit müsse darauf abgestellt werden, ob die Betroffenen die sexuelle Handlung für den Täter erkennbar ablehnen. Die Neuregelung widerspreche auch menschenrechtlichen Vorgaben wie der Istanbul-Konvention des Europarates, nach der die Staaten alle sexuellen Handlungen gegen den Willen der Betroffenen unter Strafe stellen müssten, kritisierte der Frauenrat.
Zu weiteren Erstunterzeichnern des offenen Briefes zählt unter anderem der Dachverband Evangelische Frauen in Deutschland. Der Deutsche Frauenrat ist nach eigenen Angaben die politische Interessenvertretung von über 50 bundesweit aktiven Frauenverbänden und -gruppen. epd
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