Bürokratie, Steuern, Diskriminierung: Eine neue Studie zeigt, dass viele Zugewanderte Deutschland wieder verlassen wollen. Oft sind dabei Branchen mit Fachkräftemangel betroffen.
Rund ein Viertel aller nach Deutschland eingewanderten Personen denkt darüber nach, das Land wieder zu verlassen: Das geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hervor, wie dieses am Mittwoch in Nürnberg mitteilte. Es gehe um 2,6 Millionen Menschen. Drei Prozent aller Eingewanderten hätten bereits konkrete Auswanderungspläne. Ursachen dafür seien politische Unzufriedenheit, steuerliche Belastungen und Bürokratie, aber auch persönliche Gründe. Diese Motive zeigten sich bei Arbeitsmigranten wie bei Bildungs- und Familienzuwanderern. Geflüchtete gäben zusätzlich Diskriminierung als Grund an.
Diejenigen, die in ihr Herkunftsland zurückkehren wollten, kämen überwiegend aus Europa und der Europäischen Union. Am häufigsten werde dabei Polen genannt, dann Rumänien, außerdem die Türkei und die Ukraine. Einige wollten auch in andere Länder ziehen, vor allem in die Schweiz, die USA und nach Spanien. Wer wieder in sein Ursprungsland gehen wolle, erwäge dies vor allem wegen persönlicher Bindungen an Freunde und Familienangehörige. Wer in ein anderes Land ziehen wolle, gebe vor allem berufliche Gründe und die wirtschaftliche Lage im Zielland als Motivation an.
Das Abwanderungsrisiko unterscheide sich auch je nach Berufszweig, so die Forscher weiter. In der Informations- und Kommunikationsbranche, bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sowie unternehmensnahen Dienstleistungen überlegten zwischen 30 und 39 Prozent der Befragten, auszuwandern. Auch im Gesundheits- und Sozialwesen sowie im verarbeitenden Gewerbe, Handel, Verkehr und Lagerei dächten zwischen 24 und 28 Prozent über das Auswandern nach.
“Gerade die für Erwerbs- oder Bildungszwecke zugezogenen, besser gebildeten, wirtschaftlich erfolgreicheren sowie sprachlich besser integrierten Migrant*innen denken überdurchschnittlich häufig über eine Ausreise nach oder äußern konkrete Abwanderungspläne”, sagte Lukas Olbrich vom Institut laut Mitteilung der Einrichtung. Das seien genau die Personen, die Deutschland als Fachkräfte dringend brauche.
Etwa jeder fünfte Migrant mit Auswanderungsplänen wolle aber langfristig nach Deutschland zurückkehren, heißt es weiter. Rund die Hälfte sei unentschlossen, der Rest wolle nicht mehr wiederkommen. Forscherin Yuliya Kosyakova mahnte daher dauerhafte Bleibeperspektiven für Migranten an: “Für eine zukunftsfähige Migrationspolitik reicht es nicht aus, den Zuzug zu fördern.”
Die Studie basiert den Angaben zufolge auf einer Online-Befragung, dem sogenannten International Mobility Panel of Migrants in Germany. In dessen Rahmen seien zwischen Dezember 2024 und April 2025 50.000 im Ausland geborene und nach Deutschland eingewanderte Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren befragt worden. Die Daten beziehen sich demnach auf Personen, die bis 2. April 2024 in Deutschland eingewandert sind.