Artikel teilen:

Flüchtlingsrat kritisiert Radio Bremen wegen Online-Umfrage

Für “tendenziös” hält der Flüchtlingsrat eine Umfrage von Radio Bremen. Migration komme nur als Problem vor. Der Sender wehrt sich.

Eine Umfrage von Radio Bremen ist in die Kritik geraten
Eine Umfrage von Radio Bremen ist in die Kritik geratenImago / Eckhard Stengel

Der örtliche Flüchtlingsrat hat eine Online-Umfrage von Radio Bremen zur Asyl- und Migrationspolitik scharf kritisiert. Die Fragen seien tendenziös und befeuerten einen „rassistischen Diskurs“, erklärte die Organisation. Die Initiative forderte den Rundfunkrat von Radio Bremen auf, den Sender „für eine solche Form der diskriminierenden Meinungsmache“ zu rügen. Programmdirektor Jan Weyrauch wies die Vorwürfe zurück.

Radio Bremen fordert seit einiger Zeit in seinem Format „Meinungsmelder“ Menschen aus Bremen, Bremerhaven und der Region dazu auf, Stellung zu aktuellen Themen zu beziehen. Beschränkungen auf bestimmte Gruppen oder Milieus gibt es dabei nicht. Diesmal hätten 5.500 Meinungsmelder an der nicht repräsentativen Befragung teilgenommen, teilte der Sender mit. Davon hätten 41 Prozent angegeben, dass sie das Thema Asyl und Migration zurzeit am meisten bewege – gefolgt von „bewaffneten Konflikten“ mit 29 Prozent.

Mehrheit unzufrieden mit Migrationspolitik

Die Menschen sorgen nach Angaben des Senders vor allem „mangelnde Ressourcen“, ein „spürbarer Rechtsruck“ und eine möglicherweise „steigende Kriminalität“. Doch es gebe auch Meinungsmelder, die nicht besorgt seien und in der Migration vor allem eine Chance zu mehr gesellschaftlicher Vielfalt und Unterstützung für die Wirtschaft sehen. Unzufrieden mit der aktuellen Migrationspolitik sei jedoch die große Mehrheit (80 Prozent), allerdings mit unterschiedlichen Begründungen. Kritisiert werde beispielsweise die Zahl an Menschen, die aufgenommen werden.

Jan Weyrauch ist Programmdirektor bei Radio Bremen
Jan Weyrauch ist Programmdirektor bei Radio BremenImago / Sven Simon

Der Flüchtlingsrat urteilte in einer Erklärung unter dem Titel „Radio Bremen stellt Menschenrechte zur Diskussion“, die Antwortoptionen seien tendenziös gewesen. Sie heizten einen rechten, menschenrechtsfeindlichen Diskurs an, statt ihm mit Fakten, Analysen und Empathie Einhalt zu gebieten. Migration werde in der Umfrage durchgehend als vermeintliches „Problem“ adressiert.

Der Rat ist der Auffassung, dass die Perspektive von Menschenrechtlern und Geflüchteten ausgeblendet werde. „Menschen mit Migration- und Fluchtgeschichte werden weder gesehen, noch angesprochen oder gehört. Kritik an der restriktiven und menschenrechtsverletzenden Migrationspolitik, die sich ja gegen konkrete Menschen richtet, hat in der Umfrage keinen Platz.“

Programmdirektor will “Augen nicht verschließen”

Programmchef Weyrauch sagte dazu, zu den wichtigsten Aufgaben des Senders im Dialog mit seinem Publikum gehöre es, die Themen aufzugreifen, die die Menschen in der Region bewegten. „Es wäre fatal, wenn wir dabei vor einigen Themen die Augen verschlössen, nur weil sie polarisieren.“ Das habe Radio Bremen bei Corona nicht gemacht und werde es auch nicht beim Thema Migration tun. „Sehr wohl aber kann man immer von uns erwarten, dass wir fair berichten, einordnen und Hintergründe erklären.“ Auf seiner Website bietet Radio Bremen einen Hintergrundbericht mit Daten und Fakten an.