Seit 2004 gewährt die EU Flüchtlingen Schutz, wenn sie aus Regionen stammen, wo Folter oder Todesstrafe drohen. Aus der CDU/CSU-Fraktion heißt es, die Genfer Flüchtlingskonvention werde übererfüllt. Das stößt auf Kritik.
Grüne und SPD kritisieren einen Vorstoß aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für eine Asylrechtsverschärfung. Konkret geht es um den Vorschlag des innenpolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Alexander Throm, den subsidiären Schutz für Geflüchtete aus Bürgerkriegsländern einzuschränken. “Wer daran rüttelt, will die Menschlichkeit abschaffen und hat seinen humanitären Kompass verloren”, sagte Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss des Bundestages, dem “Tagesspiegel” (Freitag). Der subsidiäre Schutz bewahre vor Todesstrafe und Folter.
Throm hatte am Donnerstag im “Tagesspiegel” gefordert, sich nur noch auf den individuellen Flüchtlingsschutz auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention zu konzentrieren. Seit 2004 gewährt die Europäische Union darüber hinaus Geflüchteten Schutz, wenn sie aus Regionen stammen, in denen Folter, Todesstrafe oder Lebensgefahr durch Konflikte drohen. “Wir können uns die Übererfüllung der Genfer Flüchtlingskonvention schlicht nicht mehr leisten”, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion. Europa gehe “weit über den Ursprungsgedanken hinaus, Menschen vor einer konkreten persönlichen Bedrohung zu schützen”.
Er befürchte, dass zu Syrern, Afghanen und Eritreern bald weitere Flüchtlinge aus Mali, Sudan, Niger und Burkina Faso kommen könnten, die im Zweifel auch subsidiär schutzberechtigt wären, sagte Throm. “Das überfordert unsere Möglichkeiten”. Wer aber aus politischen, religiösen oder sonstigen Gründen persönlich verfolgt oder bedroht sei, solle selbstverständlich weiter Schutz erhalten.
Der SPD-Innenpolitiker Helge Lindh sagte der Zeitung, subsidiär schutzberechtigten Menschen drohe im Falle einer Umsetzung des Throm-Vorschlages ein ernsthafter Schaden durch Bürgerkriege, die Todesstrafe oder Folter. “Ein Großteil der Syrer bekam subsidiären Schutz. Sie würden also demnach sich selbst überlassen.” Lindh verwies zudem darauf, dass für Geflüchtete aus Bürgerkriegsländern auch vor der Einführung des subsidiären Schutzes vielfach ein Abschiebestopp gegolten habe.
Die rechtspolitische Sprecherin der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, Wiebke Judith, hält Throms Vorschlag für wenig praktikabel. “Es stimmt, die Genfer Flüchtlingskonvention selbst ist sehr eng auf die individuelle Verfolgung ausgerichtet, das EU-Asylrecht geht darüber hinaus”, sagte sie dem “Tagesspiegel”. Die CDU sitze jedoch dem Trugschluss auf, “dass wir diese Menschen mit einer solchen Rechtsänderung einfach abweisen und in ihre Heimat zurückschicken könnten”. Einer Abschiebung in Kriegsgebiete stehe schon Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention entgegen.
Rund ein Viertel der im ersten Halbjahr 2023 in Deutschland zugelassenen Asylbewerber hatte laut Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen subsidiären Schutzstatus, so der “Tagesspiegel”. Im Jahr 2014 waren es demnach rund vier Prozent. Die Zahl sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen.