Predigttext
(…) 42 Die Menschen, die zum Glauben gekommen waren, trafen sich regelmäßig. Sie ließen sich von den Aposteln unterweisen, pflegten ihre Gemeinschaft, brachen das Brot und beteten. 43 Die Menschen in Jerusalem wurden von Furcht ergriffen. Denn durch die Apostel geschahen viele Wunder und Zeichen. 44 Alle Glaubenden hielten zusammen und verfügten gemeinsam über ihren Besitz. 45 Immer wieder verkauften sie Grundstücke oder sonstiges Eigentum. Sie verteilten den Erlös an alle Bedürftigen – je nachdem, wie viel jemand brauchte. 46 Tag für Tag versammelten sie sich als Gemeinschaft im Tempel. In den Häusern hielten sie die Feier des Brotbrechens und teilten das Mahl voll Freude und in aufrichtiger Herzlichkeit. 47 Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt. Der Herr ließ täglich weitere Menschen zur Gemeinde hinzukommen, die gerettet werden sollten. Basis-Bibel
Wie sieht mein Traum von Gemeinde aus? Von welcher Gemeinschaft fühle ich mich angezogen oder sehne mich vielleicht nach ihr?
Bilder tauchen auf – etwa das vom Leben der Urgemeinde in Jerusalem, wie es der Evangelist Lukas beschreibt. Erfüllt von der guten Nachricht: Jesus ist auferstanden! und kräftig umweht von Gottes Geist, beginnt damals ein spannendes Experiment: Gemeinsames Leben in den Fußspuren Jesu. Eines ist allen klar: Es geht nur zusammen. Eine Nachfolge im Single-Modus ist nicht im Sinne des Herrn.
So lebt die Jerusalemer Ur-Kommune bunt und frei, was sie von Jesus gehört und verstanden hat. Noch unbekümmert ist sie – ohne ausgeprägte Strukturen und Ordnungen.
Die Unterweisung durch die Apostel ist den Menschen wertvoll. Sind sie doch die Augen- und Ohrenzeugen der Jesusgeschichte. Den Gottesdienst feiern sie mit minimaler Liturgie stimmungsvoll und innig. Überhaupt durchziehen Freude und „aufrichtige Herzlichkeit“ ihr Gemeindeleben. Mit der Abendmahlsfeier und dem Gebet knüpfen die Christen täglich das Band zum auferstandenen Herrn. Sein Gebot, in Liebe miteinander umzugehen, beherzigen sie. So hat auch er es gehalten.
Dabei verlieren sie auch die Bedürftigen nicht aus dem Blick. Christus macht sie zu Kümmerern. So etwas bleibt nicht verborgen: Menschen werden neugierig und schließen sich an.
Selbst der Umgang mit privatem Besitz ist für die Urchristen kein Tabuthema. Die theologische Forschung ist sich heute einig: Nicht die völlige Aufgabe allen Besitzes ist hier gemeint, sondern die ersten Christen handeln „auf Basis geistlicher Spontaneität und Freiwilligkeit“ (Peter Stuhlmacher). Offenbar hat das Leben in der baldigen Erwartung der Wiederkunft Jesu Menschen auch zu einem großzügigen Umgang mit ihrem Besitz befreit. Die Gläubigen waren erfüllt von der Hoffnung: Der Herr kommt bald (aramäisch: maranatha).
Taugt die Beschreibung des Lukas als Blaupause für heutiges Gemeindeleben? Oder müssen wir uns den Traum von Gemeinde verbieten und mit dem zufrieden sein, was wir vor Ort vorfinden? Und wenn es da gerade nicht gut läuft? Bleibt dann nur der neidische Blick auf andere, denen es gelingt, glaubwürdiger und himmlisch-entspannter zu leben?
Mag das eine oder andere in Lukas’ Beschreibung zu ideal sein, unrealistisch ist es nicht. Liest man weiter, so zeigen sich schnell Probleme, mit denen die Urgemeinde zu kämpfen hat – zum Beispiel Lücken in der sozialen Versorgung von Witwen und theologische Differenzen. Dennoch haben sich seitdem immer wieder Gemeinschaften und Kirchen zum gemeinsamen Leben anstiften lassen und reiche Erfahrungen damit gesammelt – bis heute.
Das Evangelium von Jesus Christus hat sich nicht verändert. Wie die Christen damals, feiern auch wir den Auferstandenen und bauen mit an Gottes Reich, bis er kommt.
Mut, Phantasie und Wehen des Geistes
Scheinbar gelingt es den Schwestern und Brüdern aus Afrika, Asien und Südamerika besser, die Glaubensfreude auszudrücken und sich von der Begeisterung im Leben tragen zu lassen. Wie machen sie das nur? Können wir von ihnen lernen?
Es braucht Mut, Phantasie und Wehen des Geistes, um von den Anfängen der Kirche für heute zu lernen. Mit Freude ist zu beobachten, dass Christen nach neuen Ausdrucksformen von Frömmigkeit für unsere Zeit suchen. Gerade Krisenzeiten können dafür der Auslöser sein. Eine kleine Gruppe von Menschen in Gottesdienst, Abendmahl und Gebet verbunden, kann die Keimzelle für neue Wege zu den Menschen sein.