Wenn sein Name fiel, dann meist im Zusammenhang mit dem Begriffspaar “liberales Urgestein”. Gerhart Baum hat manche Debatte in der Bundesrepublik bereichert. Nun ist er im Alter von 92 Jahren gestorben.
Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum ist tot. Der FDP-Politiker starb am Samstag, wie die FDP auf ihrer Homepage mitteilte. Baum wurde 92 Jahre alt und war bis zuletzt in der Düsseldorfer Kanzlei Baum Reiter & Kollegen tätig.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte Baums Witwe Renate Liesmann-Baum. “Freiheit kann man nur verteidigen, wenn man sie lebt – diese Einstellung hat Ihr Mann in vielen Ämtern, in vielen Äußerungen und in seiner ganzen Lebenshaltung bis ins hohe Alter verkörpert”, so das Staatsoberhaupt.
Von 1972 bis 1994 saß Baum für seine Partei im Bundestag; von 1978 bis 1992 war er Bundesinnenminister. Von 1992 bis 1998 leitete er die deutsche Delegation in der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen. Neben seinem Engagement für Menschenrechte und die Kultur meldete sich Baum immer wieder in aktuellen politischen Debatten zu Wort. Als Anwalt vertrat er unter anderen Betroffene der Loveparade-Katastrophe 2010 in Duisburg und setzte sich im Namen der Hinterbliebenen des Olympia-Attentats von 1972 zur Lösung des jahrzehntelangen Konfliktes der Opfer mit der Bundesregierung ein.
Für sein Wirken erhielt Baum zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2010 den Giesberts-Lewin-Preis der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, 2021 den Marion Dönhoff-Preis der “Zeit” und im vergangenen Jahr die Ehrendoktorwürde der Kölner Universität.
Nach seiner Flucht aus dem von alliierten Luftangriffen schwer getroffenen Dresden 1945 verbrachte Baum zunächst eine kurze Zeit in Bayern, bevor er nach Köln kam. Die Domstadt wurde zu seinem Lebensmittelpunkt.
FDP-Parteichef Christian Lindner würdigte Baum als “eine der kräftigsten Stimmen für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie”. Der NRW-Landesvorsitzende der FDP Henning Höne erklärte: “Sein Einsatz für den Schutz persönlicher Daten, seine unermüdliche Kritik an staatlicher Überwachung und sein Eintreten für den Rechtsstaat waren Ausdruck eines tiefen Verantwortungsgefühls gegenüber der Gesellschaft.” Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), Vizekanzler Robert Habeck und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (beide Grüne) sowie der Linken-Politiker Gregor Gysi würdigten die Verdienste des Verstorbenen.
Noch im Jahr 2023 rief Baum zu einer Verteidigung der Demokratie auf. Diese sei in Gefahr “wie nie zuvor seit 1949”, sagte er damals dem “Kölner Stadt-Anzeiger” mit Blick auf den Aufstieg der AfD. “In mehr als 70 Jahren Geschichte der Bundesrepublik hatten wir nie eine rechtsradikale Partei in solcher Stärke und solcher Beständigkeit, die sich außerhalb des demokratischen Konsenses stellt.”