Durch die Kaufentscheidung etwas Gutes in der Welt tun. Seit einem halben Jahrhundert verbindet der faire Handel die Konsumenten in Deutschland mit den Produzenten im Globalen Süden. Das ist aktuell wichtiger denn je.
Um schwierige Zeiten zu überstehen gibt es fast nichts wichtigeres als stabile und verlässliche Partnerschaften. Das gilt ganz klar im Zwischenmenschlichen aber ebenso auf der weltpolitischen Bühne. Die weiterlaufenden Kriege in der Ukraine und Nahost, eine brenzlige Situation zwischen den Atommächten Indien und Pakistan und natürlich die unberechenbaren Manöver von US-Präsident Donald Trump haben in der Welt ein Klima der Unsicherheit geschaffen, dem sich am besten durch Einigkeit begegnen lässt.
Dementsprechend wichtig ist es für Deutschland aktuell, stabile Partnerschaften zu pflegen und das nicht nur in Europa sondern ausdrücklich auch mit Staaten des Globalen Südens. Umso verheerender schätzen deswegen Experten aber auch zahlreiche Politiker die geplanten Mittelkürzungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit ein. Die Bundesrepublik drohe dadurch, an Ansehen und Einfluss zu verlieren.
Als umso wichtiger können sich in dieser Situation Kooperationen herausstellen, die weitestgehend unabhängig sind von staatlicher Unterstützung. Zu den erfolgreichsten zählen hier die Initiativen für fairen Handel. Durch garantierte Mindestpreise für die Waren im Handel sowie Prämien erhalten die Produzenten vor Ort existenzsichernde Löhne. Letztendlich kann das zur Stabilität der dortigen Wirtschaft und Gesellschaft beitragen und diese widerstandsfähiger gegen drohende Krisen machen.
Der faktische Beginn des fairen Handels in Deutschland liegt dabei in diesem Jahr genau ein halbes Jahrhundert zurück. Am 14. Mai 1975 wurde die Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt, kurz Gepa, gegründet. Leitende Akteure kamen damals aus kirchlichen Kreisen, von katholischer und evangelischer Jugend und dem Aachener Entwicklungshilfswerk Misereor etwa.
Dabei war die Gepa schon von Beginn an unabhängig von staatlicher Entwicklungshilfe oder dem Geld der Hilfswerke, erinnert sich Erwin Mock. Der 90-jährige engagierte Katholik trug damals als Misereor-Referent maßgeblich zur Gründung der Gesellschaft bei. Das besondere am Ansatz der Gepa war das Sichtbarmachen der Bäuerinnen und Bauern im Globalen Süden. “Wir verkaufen das Produkt und informieren über die Produzenten, ihre schwierigen Lebensbedingungen, aber auch über ihre menschlichen Werte”, erklärt Mock. “Wir sollten den Menschen dort nicht nur Geld geben, sondern auch ihre Produkte zu uns holen.”
Gepa-Produkte wurden zunächst vor allem in Weltläden vertrieben. Seit den 1990er Jahren finden sich die Produkte auch in einigen Supermärkten, wohlgemerkt nicht in Discountern, da sich deren Preispolitik mit den Grundsätzen des Unternehmens nicht vereinbaren ließe. Dennoch macht das Unternehmen inzwischen einen Jahresumsatz von rund 80 Millionen Euro. Dadurch habe für tausende Produzenten ein verbessertes und sicheres Einkommen geschaffen werden können. “Ich kann nur staunen, dass aus dem Samen von damals so ein großer Baum geworden ist”, sagt Gründer Mock heute.
Der Grundstein, den die Gepa gelegt hat, konnte sich in Deutschland inzwischen auch im größeren Stil etablieren. Weiter verbreitet als Gepa-Produkte ist inzwischen das Fairtrade-Siegel, das seit 1997 die Organisation Fairtrade International auf Produkte vergibt. Im Dachverband sind dabei auch Produzentennetzwerke aus Afrika, Südamerika und Asien vertreten.
Untersuchungen von Marktforschern belegen, dass das Fairtrade-Siegel inzwischen zu den bekanntesten und meistbeachteten Gütesiegeln im Lebensmittelbereich zählt. Und auch in Zahlen schlägt sich der Erfolg nieder: Anfang Mai meldete Fairtrade Deutschland einen Rekorderlös für fair gehandelte Produkte von 2,9 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Durchschnittlich 35 Euro im Jahr habe der deutsche Verbraucher pro Kopf für faire Lebensmittel und Handwerksprodukte gezahlt. Auch der Absatz in fast allen Produktgruppen sei gestiegen: Beim Kaffee liege der Marktanteil bei etwa 5 Prozent, beim Kakao bei 21 Prozent.