In Sachen Migration drückt die Regierung aufs Tempo. Schon am Mittwoch soll das Kabinett zwei Gesetzentwürfe auf den Weg bringen. Experten bewerten die Vorhaben unterschiedlich.
Das geplante Aus für den Familiennachzug und die beschleunigte Einbürgerung ruft bei Experten gemischte Reaktionen hervor. Kritik gibt es vor allem an den Plänen zum Familiennachzug.
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) begrüßte die geplante Abschaffung der Einbürgerung nach drei Jahren. Dies sei sinnvoll, “weil damit der Eindruck eines zu leichten Zugangs zur deutschen Staatsangehörigkeit korrigiert wird”, sagte der SVR-Vorsitzende Winfried Kluth der “Rheinischen Post” (Mittwoch).
Die aktuelle Regelung habe dazu geführt, “dass eine Einbürgerung schneller erfolgen kann als der Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts. Das ist kaum zu vermitteln und entspricht nicht der Bedeutung des Staatsangehörigkeitsrechts.”
Ablehnend äußerte sich dagegen Herbert Brücker, Migrationsforscher vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: “Die Rücknahme der beschleunigten Einbürgerung trifft gerade die Gruppe von Menschen negativ, die wir in Deutschland ja haben wollen.” Der Anreiz für Hochqualifizierte, nach Deutschland zu kommen, sinke. Generell habe der Erwerb der Staatsbürgerschaft einen positiven Effekt auf dem Arbeitsmarkt. Zudem seien die Betroffenen gut integriert.
Die Ampel-Regierung hatte die beschleunigte Einbürgerung nach drei Jahren für besonders integrierte Zuwanderer 2024 eingeführt. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach von einem Irrweg: “Die deutsche Staatsbürgerschaft muss am Ende eines Integrationsprozesses stehen – und nicht am Anfang.”
Kritisch äußerten sich sowohl Brücker als auch Kluth zur geplanten Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten. Der positive Effekt auf die Integration dürfe dabei nicht vernachlässigt werden, so Kluth.
Brücker nannte das Vorhaben “aus humanitärer Sicht problematisch”. Es betreffe vor allem Syrer und Menschen aus anderen Kriegs- und Krisengebieten: “Wir sprechen hier über den Nachzug der Kernfamilie, also Kinder und Partner, in der Regel die Frauen. Wir wissen aus Studien, dass die Trennung von der eigenen Familie für Geflüchtete psychisch sehr belastend ist und damit auch deren Integration behindert.” Hinzu komme, dass der quantitative Effekt zur Begrenzung der Migration “sehr gering” sei.
Dobrindt will am Mittwoch zwei Gesetzentwürfe zur Aussetzung des Familiennachzugs sowie zur Abschaffung der beschleunigten Einbürgerung ins Kabinett einbringen.
Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten – das sind etwa Bürgerkriegsflüchtlinge – zunächst für zwei Jahre auszusetzen. Härtefälle sollten ausgenommen werden. Bislang war der Nachzug zu dieser Gruppe bereits auf bis zu 1.000 Menschen pro Monat beschränkt. In den vergangenen beiden Jahren war das Kontingent jeweils ausgeschöpft worden.