Nach Ansicht des Sprachforschers Henning Lobin wird die „Beherrschung der Kulturtechnik des Lesens und Schreibens“ trotz der zunehmenden Digitalisierung wichtig bleiben. „Argumentationen, Erklärungen, Beschreibungen komplexer oder abstrakter Sachverhalte können nur im Medium der Sprache vorgenommen werden“, sagte der Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei der Sprachnutzung gebe es erstmals eine Situation, bei der nicht nur Menschen lesen und schreiben, sondern auch intelligente Maschinen.
Deshalb würden sich mehr Menschen sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen unterstützen lassen. Es könnte zur Folge haben, dass immer weniger Menschen die Fähigkeit erwerben, komplexe Texte zu lesen. Denn dies erfordere über Jahre hinweg viel Übung und Anstrengung. Lobin befürchtet, dass diese Anstrengung immer weniger Menschen auf sich nehmen. Dies könnte zu einer „Variante der digitalen Spaltung der Gesellschaft“ führen, „die wir nicht eintreten lassen dürfen“.
Am Ende könnte eine Gesellschaft stehen, in der viele nur noch mit Unterstützung intelligenter Assistenten kognitiv anspruchsvolle Aufgaben konventionell erledigen könnten. Nur einige wenige würden dann weiter davon unabhängig sein und aus eigener Kraft heraus Neues schaffen, erklärte der Experte anlässlich des 100. Geburtstag des Erfinders der Computermaus, Douglas Engelbart (1925-2013). Der US-Amerikaner wurde am 30. Januar 1925 geboren. Mit seinen Entwicklungen habe Engelbart als erster ein sehr enges Zusammenwirken von Mensch und Computer realisiert.