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Experte: Deswegen sind Wahlwerbespots so erwartbar

Schöne Bilder, Ansprachen und Testimonials: Laut einem Experten ist es kein Zufall, dass Wahlwerbespots oft ähnlich aufgebaut sind. Welcher Spot ihn dieses Jahr dennoch überrascht hat und ob das Format eine Zukunft hat.

Nach Ansicht des Erlangener Medienwissenschaftlers Christian Schicha laufen die Werbespots der Parteien zur Bundestagswahl nicht zufällig nach sehr ähnlichen Mustern ab. “Man zeigt den Spitzenkandidaten oder die Spitzenkandidatin, die sich dann auch in einer Ansprache an die Bevölkerung richtet und das Ganze wird garniert von schönen Bildern aus Deutschland und von Testimonials”, sagte der Forscher der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Donnerstag.

“Die Spots treffen die Leute vor dem Fernseher unvorbereitet. Wenn da zu viel Überraschung vorkäme, hätte das zur Folge, dass man manches vielleicht nicht versteht. Also sagen die Politikerinnen und Politiker das, was sie in anderen Zusammenhängen und auf anderen Kanälen auch sagen.” Zudem sei die Zielgruppe sehr groß, da sich die Spots an alle Wähler über 18 Jahren richteten. Daher zeigten viele der Spots Menschen aus verschiedenen Kontexten, Berufen und Altersklassen, damit möglichst viele Menschen sich mit einem davon identifizieren könnten.

Lediglich der Spot der FDP weiche etwas davon ab. “Die FDP hat sich eine historische Hinführung zu neuen Entwicklungen vorgenommen”, so Schicha. Daher würden Vergleiche aufgemacht. “Man sagt, dass man früher etwa auch nie gedacht hätte, dass Deutschland Fußball-Weltmeister werden kann.” Die Botschaft sei, das sich alles ändern könne, wenn man die Partei wähle.

Wie gewohnt unterschieden sich die Spots der Regierungsparteien von denen der Opposition, erklärte Schicha: “Das ist wenig überraschend, weil Regierungsparteien davon überzeugt sind, dass positive Entwicklungen auch von ihnen kommen.” Die AfD hingegen konzentriere sich auf “dramatische Bedrohungen und dass die jetzige Regierung alles falsch gemacht hat”. Die Union setze darauf, dass früher alles besser gewesen sei und wieder so werden könne – “und mit ‘früher’ meinen sie natürlich die Zeit, zu der sie regiert haben”. Ansonsten konzentrierten die Parteien sich auf ihre Kernthemen.

Die Spots beeinflussen nach Ansicht des Experten aber in der Regel nicht die Wahlentscheidung: “Da ist das bisherige Wahlverhalten sicherlich mitentscheidend und Wahlplakat und Wahlwerbespots sind nur ein kleiner Baustein.” Wie solch ein Spot auf eine Person wirke, sei zudem abhängig von Vorbildung und Interessen.

Auch wenn die Bedeutung des linearen Fernsehens abnehme, werde es die Spots in 20 oder 30 Jahren noch geben, zeigte Schicha sich überzeugt. Es werde für die Parteien aber immer wichtiger, ihre Themen auch auf Kanälen wie TikTok und anderen Plattformen zu verbreiten.