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Experte: Blutvergiftung bei Kindern wird “total” unterschätzt

Fieber, schneller Puls – Symptome wie diese können auf eine Blutvergiftung hindeuten. Gerade bei Kindern sei eine Sepsis eine unterschätzte Erkrankung, sagen Fachleute mit Blick auf den Welt-Sepsis-Tag am Freitag.

Vor allem bei Kindern und Jugendlichen wird eine Blutvergiftung als lebensbedrohliche Erkrankung nach Einschätzung von Experten “dramatisch unterschätzt”. Demnach ist eine solche Sepsis für mehr als 11 Prozent aller Todesfälle von Kinder- und Jugendlichen unter 19 Jahren verantwortlich, sagte Kinderarzt Michael Sasse, Leiter des Pädiatrischen Intensivnetzwerks Norddeutschland, am Donnerstag in Berlin. Zudem sei eine Sepsis eine der drei häufigsten Ursachen für Müttersterblichkeit nach einer Geburt (“Kindbettfieber”).

Am Freitag ist Welt-Sepsis-Tag. Jedes Jahr sind demnach eine halbe Millionen Menschen in Deutschland von Sepsis betroffen. Von diesen versterben 140.000; Überlebende leiden häufig unter langfristigen Folgen wie chronischen Schmerzen. Früh- und Neugeborene sind besonders gefährdet.

Sasse forderte eine bessere Vernetzung sowie Ausbildung von Pflegekräften, Notfallmedizinerin und Hebammen. “Auch Laien, wie Eltern und Lehrer, müssen besser eingebunden werden.” Bei Sepsis gehe es vor allem darum, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen. Dies könne die Sterblichkeit deutlich senken. “Kinder haben sehr wenig körperliche Reserven und gerade bei der Sepsis muss extrem schnell gehandelt werden.” Dies gelinge aber “sowohl in den Familien als auch beim medizinischen Personal in sehr vielen Fällen nicht”, so der Experte.

Speziell ausgebildete Sepsisteams könnten durch rechtzeitige Erkennung und Behandlung die Sterblichkeit bei der Sepsis von Kindern um bis zu 90 Prozent senken. “Diese Teams sind in Deutschland aber praktisch nirgends verankert”, kritisierte Sasse. Dies sei in anderen Industrienationen anders. Besondere Sepsis-Initiaven gibt es demnach etwa in Australien, Belgien, USA, Schweiz, England, Schweden.

Entsprechend sei hierzulande die Sepsissterblichkeit bei Erwachsenen und auch in der Altersgruppe bis 19 Jahren im Vergleich etwa zu Schweden, Australien und den USA doppelt so hoch, sagte der Vorsitzende der Sepsis-Stiftung, Konrad Reinhart. Er forderte die Einrichtung spezieller Beratungsstellen rund um die Uhr, damit die Problematik besser eingeschätzt werden könne.

Die Geschäftsführerin der Global Sepsis Alliance, Mariam Jashi, forderte, mehr in Früherkennung zu investieren. Weltweit seien besonders ärmere Familien gefährdet, dass die Erkrankung unentdeckt bleibe.