Angeblich lassen die Migrationszahlen auf der Balkanroute nach. Nun will Serbien die entsprechende Infrastruktur zurückfahren. Ein schwerer Fehler, der den Schleusern nutze, meint ein Kenner der Lage.
Nach der Schließungs-Ankündigung für mehrere Flüchtlingsunterkünfte entlang der Balkanroute wächst in Serbien die Kritik an den Behörden. Die Entscheidung werde Migranten in die Hände von Schleppern treiben, warnte Migrationsexperte Rados Djurovic in Belgrad. “Das ganze Aufnahmesystem wird dadurch früher oder später an diese Schleuser ausgelagert”, sagte der Direktor des Asylum Protection Center am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Längst böten Menschenschmuggler den Betroffenen nicht nur einen Grenzübertritt; auch temporäre Unterkunft, Mahlzeiten und Medikamente gebe es gegen Bezahlung.
Vergangene Woche hatte Serbien die Schließung von mindestens drei Aufnahmezentren angekündigt. Betroffen seien Lager an den Grenzen zu Kroatien, Bulgarien und Rumänien. Sieben weitere Einrichtungen seien aufgrund gesunkener Flüchtlingszahlen temporär geschlossen worden. Vor dem Wochenende gab die zuständige Behörde bekannt, dass die Zahl der versorgten Migranten in den Zentren im Vergleich zum Vorjahr um 80 Prozent gesunken sei.
Laut Djurovic ignoriert diese Rechnung jedoch die wahre Situation an der EU-Außengrenze. An den Grenzen zu Ungarn oder Kroatien etwa sei die Zahl illegaler Pushbacks zuletzt gestiegen, ebenso wie die Zahl der Verkehrsunfälle mit Migranten. Migration laufe zusehends “unsichtbar” außerhalb des regulären Systems ab. Djurovic appellierte an die EU, Migrationstrends in den Nachbarstaaten weder zu ignorieren noch durch irreguläre Maßnahmen zu unterdrücken.
Das Regionalbüro der Internationalen Organisation für Migration in Wien wollte die Sorge des Asylaktivisten nicht teilen. Von dort hieß es auf Anfrage der KNA, man habe keine Indizien, die für oder gegen vermehrte Schlepper-Aktivität durch die Camp-Schließungen sprächen.