Die Archäologie hat nach den Worten des Frankfurter Archäologen Markus Scholz mit dem Fund der „Frankfurter Silberinschrift“ die Christen im 3. Jahrhundert nördlich der Alpen entdeckt. Es habe zwar angenommen werden können, dass es damals Christen dort gegeben habe, aber die Archäologie habe bisher keinen Nachweis dafür gefunden, sagte Scholz am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dies habe sich mit der am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellten „Frankfurter Silberinschrift“ geändert. Scholz war an der Entzifferung maßgeblich beteiligt.
Die Stadt Frankfurt hatte den Grabfund einer 3,5 Zentimeter langen Silberkapsel vorgestellt, in der sich eine 9,1 Zentimeter lange, aufgerollte Silberfolie befand. Nach einer computertomografischen Untersuchung konnte die Inschrift entziffert werden, ein Bekenntnis zu Jesus Christus. Aufgrund zweier Keramikgefäße in dem Grab datierten die Archäologen dieses auf die Zeit zwischen 230 und 270 nach Christus. Bis dahin sei das älteste christliche Zeugnis auf deutschem Boden eine Glasschale mit einer biblischen Szene aus einem Wohnhaus in Augsburg im 4. Jahrhundert gewesen, erklärte Scholz.
Die „Frankfurter Silberinschrift“ sei in mehrerer Hinsicht ein einmaliger Fund, erläuterte der Archäologe. Die Inschrift und die sie bergende Kapsel seien eines der ältesten gefundenen Amulette auf Edelmetall überhaupt. Religiöse und magische Inschriften auf Edelmetallfolie kämen erst ab dieser Zeit auf. Ungewöhnlich sei auch die Inschrift auf Latein, Amulette dieser Zeit seien sonst auf Griechisch geschrieben gewesen. Inhaltlich würden bei Schutzzaubern üblicherweise mehrere Gottheiten und Dämonen angerufen, hier gebe es aber einen rein christlichen Text. Das sei in dieser Zeit einzigartig.
Der im vergangenen halben Jahr von mehreren Wissenschaftlern entzifferte Text überrascht nach den Worten von Scholz ebenfalls. Bisher habe es keinen Nachweis einer Anrufung Christi mit dem dreimaligen „heilig“ gegeben. Dies sei bisher erst allmählich in der Liturgie im 4. Jahrhundert und in Amuletten im 5. Jahrhundert gefunden worden. Die Theologie sei davon ausgegangen, dass Bekenntnisformeln sich erst in der gottesdienstlichen Liturgie ausgebildet hätten und dann anderweitig verwendet worden seien. Der Fund mache die Annahme möglich, dass die Bildung von christlichen Bekenntnisformeln auch andersherum erfolgt sein könnte. Ebenso sei der Aufbau des Textes „wie ein Hochgebet“ unter Einbindung eines Paulus-Zitats aus dem Philipperbrief beispiellos, sagte Scholz.
Die Frage nach der Herkunft des Amulettträgers wird nach den Worten des Archäologen weiter verfolgt. Das Skelett werde derzeit naturwissenschaftlich untersucht.